Magen und Darm

Erkrankungen des Dünn- und Dickdarms

Blinddarmentzündung

Akute Blinddarmentzündung (Appendizitis): Akute Entzündung des Wurmfortsatzes (Appendix vermiformis), also des blind endenden ersten Dickdarmabschnitts im rechten Unterbauch (Blinddarm). Sie tritt besonders häufig im Kindes- und Jugendalter auf. Um einen lebensgefährlichen Blinddarmdurchbruch zu verhindern, wird der Wurmfortsatz rasch operativ entfernt. Aus diesem Grund wurden früher, als es noch keinen Bauchultraschall gab, viel zu viele vermeintliche Blinddarmentzündungen operiert, die häufig nur harmlose Nabelkoliken waren. Die Operation ist heute sicher und risikoarm.

Wenn von Blinddarmentzündung gesprochen wird, ist immer die akute Blinddarmentzündung gemeint. Von dieser abzugrenzen ist die chronische Blinddarmentzündung, bei der wiederholt leichte, akute Blinddarmentzündungen auftreten, die aber spontan wieder heilen. Trotzdem kann es durch die entzündlichen Sekrete zu Verklebungen und Verwachsungen im rechten Unterbauch und dadurch zu Einengungen und Verwachsungen des Wurmfortsatzes mit der Bauchdecke kommen, was die Gefahr eines späteren mechanischen Darmverschlusses erhöht.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Beginn der Schmerzen typischerweise in der Magengegend oder um den Bauchnabel, erst nach einigen Stunden wandert der Schmerz in den rechten Unterbauch
  • Dumpfer lokaler Druckschmerz im rechten Unterbauch
  • Appetitlosigkeit
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Leichtes Fieber (~ 38 °C), typischerweise ist das rektale Fieber deutlich stärker als das unter der Achsel gemessene, Temperaturdifferenz mindestens 1 °C.

Hinweis: Bei Säuglingen lassen sich naturgemäß die typischen Beschwerden nicht feststellen, bei Schwangeren können sie völlig falsch gedeutet werden und bei älteren Menschen sind sie oft nur gering ausgeprägt.

Wann in die Arztpraxis

Heute noch, wenn

  • Schmerzen im rechten Unterbauch nicht aufhören, besonders wenn sie in der Magen- oder Bauchnabelregion begonnen haben
  • zusätzlich Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Unwohlsein bestehen.

Sofort ins Krankenhaus, wenn

  • die Schmerzen im rechten Unterbauch unerträglich stark werden
  • der Bauch sich hart anfühlt
  • sich der Zustand zunehmend verschlechtert.

Die Erkrankung

Die Bezeichnung "Blinddarmentzündung" ist nicht ganz korrekt, da es sich um eine Entzündung des Wurmfortsatzes des Blinddarms und nicht des Blinddarms selbst handelt. Mehr als 5 % aller Menschen werden in Deutschland im Laufe ihres Lebens wegen einer akuten Blinddarmentzündung operiert, meist im Kindesalter.

Krankheitsentstehung

Obwohl sie so häufig vorkommt, ist noch immer nicht ganz geklärt, was die Entzündung auslöst. Ausgangspunkt der Entzündung ist wahrscheinlich eine Verlegung des Wurmfortsatzes, z. B. durch Abknicken des Blinddarms, durch ein verfestigtes Stück Stuhl, einen Fremdkörper oder den Befall mit Würmern. Da dann keine Darmsekrete mehr abfließen, erhöht sich der Druck auf die Darmwand, die zunehmend geschädigt wird und ihre eigentliche Barrierefunktion verliert. In der Folge wandern Bakterien in die Darmwand ein und verursachen eine Entzündung. Schreitet die Entzündung unbemerkt fort, platzt der Wurmfortsatz und die Entzündung breitet sich im ganzen Bauchraum aus; es droht eine Bauchfellentzündung (Peritonitis). Manchmal bleibt der Durchbruch auch auf die Umgebung des Blinddarms begrenzt und es bildet sich eine Eiteransammlung um den Wurmfortsatz herum (perityphlitischer Abszess) oder im tiefsten Abschnitt des Beckens (Douglas-Abszess). Beide Abszessformen müssen operiert werden.

Klinik

Es gibt keine eindeutigen Symptome für eine akute Blinddarmentzündung. Charakteristisch ist der Schmerzbeginn in der Magengegend oder um den Bauchnabel, wobei die Schmerzen innerhalb von einigen Stunden in den rechten Unterbauch wandern. Bei Kindern ist das wichtigste Symptom oft fehlender Appetit. Das Fieber steigt in der Regel nicht über 39 °C, und in 50 % der Fälle besteht eine Temperaturdifferenz von über 1 °C zwischen der Messung in der Achselhöhle und im Enddarm. Häufig treten Übelkeit und Erbrechen auf, Stuhlunregelmäßigkeiten sind selten.

Bei älteren Menschen sind die Krankheitszeichen oft nur gering ausgeprägt. Bei Schwangeren treten die Schmerzen durch Verlagerung des Blinddarms auch im rechten Ober- oder Mittelbauch auf.

Diagnosesicherung

Die Diagnose "akute Blinddarmentzündung" ist schwierig und erfordert viel ärztliche Erfahrung. Es kommen verschiedene Erkrankungen in Betracht, die ähnliche Beschwerden verursachen wie die Blinddarmentzündung. Die Diagnose basiert heute im Wesentlichen auf zwei Elementen:

  • Den Schmerzpunkten: Bei unklaren Bauchschmerzen tastet die Ärzt*in den Bauch vorsichtig ab und drückt auf bestimmte Punkte im rechten Unterbauch, die bei einer Blinddarmentzündung Schmerzen hervorrufen. Besonders charakteristisch ist der Loslassschmerz, der entsteht, wenn die Hand des Untersuchenden langsam den rechten Unterbauch eindrückt und dann rasch loslässt. Auch die Austastung des Enddarms ist für die Betroffenen schmerzhaft, ebenso der Druck auf einen Punkt im linken Unterbauch und der anschließende Loslassschmerz, das Ausstreichen des Dickdarms in Richtung Blinddarm sowie das Anheben des rechten Oberschenkels gegen einen Widerstand oder das Hüpfen auf dem rechten Bein.
  • Dem Bauchultraschall: Moderne Geräte erlauben in vielen Fällen die eindeutige Diagnose und schließen in anderen Fällen zumindest sonstige Erkrankungen als Ursache der Beschwerden aus.

Ist der Blinddarm z. B. durch vermehrtes Bauchfett (Übergewicht) oder Darmgasüberlagerung im Ultraschall nicht einzusehen, sichert ein CT die Diagnose.

Laborwerte, so z. B. Entzündungswerte wie CRP, ergänzen die Diagnostik.

Differenzialdiagnosen. Unterbauchschmerzen und eine erhöhte Temperatur sind Symptome, die auch bei vielen anderen Erkrankungen auftreten. Die wichtigsten Ausschlussdiagnosen sind der infektiöse Durchfall, Morbus Crohn, gynäkologische Erkrankungen wie Adnexitis, Eileiterschwangerschaft und Endometriose, sowie Nierensteine und die Hodentorsion. Bei kleinen Kindern gleichen die Beschwerden von bronchialen Infekten manchmal denen einer Blinddarmentzündung.

Behandlung

Behandlung bei Kindern

Bei Kindern ist die operative Entfernung des Wurmfortsatzes im Fall einer akuten Entzündung unumgänglich. Sie wird möglichst innerhalb von 48 Stunden nach Schmerzbeginn in Vollnarkose durchgeführt. Neben dem klassischen Bauchschnitt bevorzugen viele Chirurg*innen mittlerweile das minimal-invasive Verfahren über eine Laparoskopie (Bauchspiegelung). Meist ist mit einem Krankenhausaufenthalt von einer Woche zu rechnen. Danach gilt es, sich für einige Wochen zu schonen und auf das Tragen schwerer Lasten zu verzichten. Wenn eine sofortige Operation nicht möglich ist, wird zunächst mit Bettruhe und Antibiotika vorbehandelt und dann später operiert.

Behandlung bei Erwachsenen

Leiden Erwachsene an einer leichten Blinddarmentzündung, plädieren inzwischen einige Expert*innen dafür, zunächst unter stationärer Beobachtung eine Antibiotikatherapie einzuleiten. Studien weisen darauf hin, dass dies bei einer Mehrheit der erwachsenen Patient*innen ausreicht. Umstritten ist jedoch, ob sich dadurch das Risiko für eine Bauchfellentzündung erhöht. Bei starken Schmerzen und hohem Fieber gilt aber auch bei Erwachsenen: der Blinddarm muss raus.

Therapie des Blinddarmdurchbruchs

Beim Blinddarmdurchbruch wird sofort operiert; der Eiter wird abgesaugt und der Bauchraum gespült. Um eine Bauchfellentzündung zu verhindern, werden bereits zu Beginn der Operation und anschließend für mehrere Tage über Infusionen hochwirksame Antibiotika gegeben.

Behandlung von chronischen Verläufen

Wenn immer wieder leichte Schübe einer Blinddarmentzündung auftreten, empfehlen die Ärzt*innen häufig die operative Entfernung des Wurmfortsatzes in einem beschwerdefreien Intervall.

Komplikationen

Bei einer frühzeitigen Operation sind Komplikationen selten. Nach der Operation verkleben allerdings bei der Narbenbildung manchmal Darmschlingen miteinander oder es bilden sich Narbenstränge, die den Darm einengen (Briden, Darmschlingenverwachsungen). Im Extremfall kommt es zu einem Darmverschluss (Bridenileus), der eine erneute Operation zur Lösung der Verwachsungen notwendig macht.

Prognose

Die Prognose ist bei der unkomplizierten und operierten Blinddarmentzündung sehr gut mit nahezu nullprozentiger Sterblichkeit. Bei Komplikationen wie Blinddarmdurchbruch und Bauchfellentzündung beträgt die Sterblichkeit etwa 1 %. Prinzipiell haben ältere Patient*innen eine schlechtere Prognose.

Ihre Apotheke empfiehlt

Da bei einem Verdacht auf eine akute Blinddarmentzündung ein Blinddarmdurchbruch droht, muss die Patient*in sofort in ärztliche Behandlung.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Blähungen

Blähungen (Meteorismus): Übermäßige Füllung von Magen und Darm mit Luft und anderen Gasen. Die typischen Beschwerden sind Völlegefühl, Darmgeräusche und ein gehäufter Abgang von Winden. Meist haben Blähungen keinen Krankheitswert. Die Ursachen sind vielfältig, oft entstehen vorübergehende Blähungen durch den Verzehr von Lebensmitteln, die eine verstärkte Gasproduktion bewirken. Blähungen treten auch bei einem Reizmagen oder Reizdarm auf; nur selten sind plötzlich auftretende Blähungen Anzeichen einer ernsten Erkrankung.

Zur Behandlung chronischer Blähungen reichen Verhaltensänderungen meist aus. Liegt eine Erkrankung zugrunde, muss diese behandelt werden. Leidet der Betroffene lediglich an stark gehäuften Windabgängen, spricht der Mediziner von Flatulenz; dabei gelten immerhin 24 Windabgänge pro Tag noch als normal.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Völlegefühl, Aufgeblähtsein
  • Vermehrter Abgang von Winden
  • Gelegentlich Druck oder Schmerz, vor allem im rechten oder linken Oberbauch
  • Rumorende Darmgeräusche.

Wann zum Arzt

Am gleichen Tag, wenn

  • plötzlich Blähungen mit Erbrechen und Bauchschmerzen auftreten.

In den nächsten Tagen, bei

  • unerklärbarem Gewichtsverlust
  • Blut im Stuhl
  • starker Beeinträchtigung der Lebensqualität.

Die Erkrankung

Blähungen sind weit verbreitetet und verschwinden meist schnell wieder. Es gibt aber auch Menschen, die ständig unter einem geblähten Bauch leiden und sich durch die häufigen nicht steuerbaren, oft hörbaren und unangenehm riechenden Windabgänge in ihrem täglichen Leben und in ihren sozialen Kontakten stark beeinträchtigt fühlen. Doch selten liegt den Blähungen eine ernste Krankheit zugrunde.

Ursachen und Risikofaktoren

Luftschlucken. Das meiste Gas im Darm stammt aus der Luft, die man unbewusst beim Essen und Trinken verschluckt. Bei jedem Schlucken gelangen 2–3 ml Luft in den Magen. In Stress- und Angstsituationen, bei hastigem Essen und Trinken, übermäßigem Konsum von kohlensäurehaltigen Getränken, bei trockenem Mund und auch bei vermehrter Speichelbildung (Kaugummikauen) ist der Anteil der verschluckten Luft noch weitaus höher. Auch beim tiefen Einatmen kann Luft in den Magen gelangen, und nicht zuletzt enthalten auch viele Lebensmittel Luft.

Essgewohnheiten. Darmbakterien bilden im Dickdarm große Gasmengen, wenn schwer verdauliche Kohlenhydrate (z. B. Bohnen, Linsen, Erbsen, Zwiebeln oder Kohl) gegessen wurden, diese weitgehend unverdaut den Dünndarm passiert haben und in den Dickdarm gelangen. Zudem fördern einige Fertiggerichte und Konservenkost die Neigung zu Blähungen, wenn Sie mit blähenden Zutaten zubereitet sind. Auch wer plötzlich auf Vollkornprodukte umsteigt, hat manchmal mit Blähungen zu kämpfen, weil der Darm sich erst einmal auf die Ballaststoffe einstellen muss.

Verdauungsstörungen. Bei Krankheiten wie der Zöliakie oder einer Milchzuckerunverträglichkeit werden bestimmte Kohlenhydrate im Dünndarm nicht verdaut und gelangen in den Dickdarm, wo sie unter Gasbildung von den Darmbakterien abgebaut werden. Weitere Verdauungsstörungen, die häufig Blähungen auslösen, sind der Reizdarm und die zu geringe Freisetzung von Verdauungsenzymen durch die Bauchspeicheldrüse (Pankreasinsuffizienz).

Störung des Speisebrei-Transports. Wird die Nahrung zu langsam durch den Magen-Darm-Trakt transportiert, entstehen ebenfalls Blähungen. Ursachen für solche Transportstörungen sind beispielsweise ein Darmverschluss durch Lähmung der Darmbewegungen, Verwachsungen nach einer Operation im Bauchbereich oder Tumoren im Darm, wie z. B. ein Darmkrebs (kolorektales Karzinom). Auch in der Schwangerschaft verlangsamt sich der Speisebrei-Transport. Das liegt am Schwangerschaftsshormon Progesteron, das die Muskulatur von Bauchorganen entspannt und so dafür sorgt, dass die Gebärmutter nicht zusammengezogen ist und mit dem Kind mitwachsen kann. Es entspannt aber auch den Darm und verlangsamt damit die Verdauung – Folge sind häufig Blähungen.

Weitere Ursachen. Ein Teil der verschluckten Luft und des im Darm gebildeten Gases wird normalerweise über die Darmschleimhaut aufgenommen und über das Blut abtransportiert. Einige Krankheiten, z. B. ein Pfortaderhochdruck (bei Leberzirrhose) oder eine Rechtsherzschwäche, behindern die Gasaufnahme. Bleiben dadurch vermehrt Gase im Darm, gelangen diese schließlich über den Anus als Windabgang nach draußen.

Diagnosesicherung

Bei plötzlich einsetzenden Blähungen tastet der Arzt den Bauch ab und prüft mit dem Stethoskop die Darmgeräusche. Zur Ursachenklärung veranlasst er verschiedene Untersuchungen wie Bauchultraschall, Abdomenleeraufnahme und CT.

Auch bei chronischen Blähungen untersucht der Arzt den Patienten gründlich. Er stellt Fragen zu den Essgewohnheiten, evtl. lässt er den Patienten auch ein Tagebuch über die aufgenommenen Speisen und dadurch auftretende Symptome führen. Bei Verdacht auf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit sorgen verschiedene Tests für Klarheit (z. B. ein Laktosetoleranztest). Manchmal helfen auch eine Blut- und/oder Stuhluntersuchung weiter (z. B. beim Verdacht auf eine Bauchspeicheldrüsenerkrankung oder auf eine Zöliakie).

Differenzialdiagnosen: Blähungen haben zahlreiche natürliche oder krankhafte Ursachen. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen sind der Darmkrebs, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Nahrungsmittelintoleranzen und der Reizdarm.

Behandlung

Sind die Blähungen Symptom einer Erkrankung, muss diese diagnostiziert und behandelt werden. Nach Ausschluss einer krankhaften Ursache ist es die Aufgabe des Arztes, die Betroffenen über die Harmlosigkeit ihrer Beschwerden zu informieren. Denn oft rufen chronische Blähungen bei den Betroffenen die Angst hervor, sie könnten unter einer schweren Krankheit leiden.

Wenn die Blähungen besonders hartnäckig sind, werden Medikamente wie Simeticon (SAB simplex®, Lefax®) eingesetzt; ihr Nutzen ist jedoch gering. Bei schmerzhaften "eingeklemmten Winden" helfen kurzfristig entkrampfende Mittel wie Butylscopolamin (z. B. Buscopan®). Bei häufigerem Gebrauch verursachen diese jedoch selbst Blähungen.

Prognose

Blähungen sind lästig, lassen sich aber unter Beachtung der Selbsthilfetipps meist gut eindämmen. Chronische Blähungen sollten immer vom Arzt abgeklärt und eine zugrundeliegende Erkrankung behandelt werden.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Luftschlucken vermeiden. Übermäßiges Verschlucken von Luft lässt sich vermeiden, indem Sie in Ruhe und mit Genuss essen, kleine Bissen zu sich nehmen und gründlich kauen. Hilfreich kann auch sein, viele kleine Mahlzeiten einzunehmen, beim Essen möglichst wenig zu sprechen und nach den Mahlzeiten einen Verdauungsspaziergang zu machen.

Verzicht auf blähende Lebensmittel. Meiden Sie blähende Lebensmittel wie Kohl, Zwiebeln, Knoblauch, Bohnen, Aprikosen, Kirschen, Beeren und kohlensäurehaltige Getränke (z. B. Mineralwasser, Bier, Sekt).

Kein Kaugummi, keine Zigaretten. Verzichten Sie auf Kaugummikauen und hören Sie mit dem Rauchen auf.

Entblähende Kräutertees. Bei akuten Blähungen verschaffen Teeaufgüsse mit Kümmel, Pfefferminze, Fenchel, Anis oder Ingwer Linderung. Ebenso werden Kümmelöl oder Pfefferminzöl (z. B. kombiniert in Enteroplant®-Kapseln) traditionell zur Linderung von Blähungen eingesetzt.

Wärme. Eine Wärmflasche oder ein Heizkissen auf dem Bauch hilft, den Darm zu entspannen und lindert dadurch Blähungen. Quälende "eingeklemmte" Luft im Darm löst sich durch sanfte kreisende Bauchmassagen im Uhrzeigersinn. Ein weiterer Trick ist es, sich auf den Rücken zu legen und beide Beine an die Brust zu ziehen.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED): Sammelbegriff für die chronischen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa mit jahrelangen Bauchschmerzen und Durchfällen, oft begleitet von starker Abgeschlagenheit. Sie treten gehäuft zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf, aber auch Kinder und Jugendliche können schon betroffen sein.

Beide Erkrankungen verlaufen schubweise. Bei beiden Erkrankungen lassen sich die Beschwerden mit Medikamenten und operativen Maßnahmen lindern und Komplikationen zumindest teilweise vermeiden. Der Morbus Crohn ist bisher nicht heilbar; die Colitis ulcerosa könnte durch operative Entfernung des gesamten Dickdarms inklusive des Enddarms geheilt werden. Bei beiden Erkrankungen ist zudem das Darmkrebsrisiko erhöht, regelmäßige Kontrollen sind deshalb wichtig.

Symptome und Leitbeschwerden

Morbus Crohn:

  • Regelmäßig auftretende, oft schleimige Durchfälle, meist ohne Blut
  • Wiederkehrende Bauchschmerzen, oft im rechten Unterbauch, ähnlich wie bei einer Blinddarmentzündung
  • Manchmal Gewichtsverlust und leichtes Fieber.

Colitis ulcerosa:

  • Blutige, schleimige Durchfälle
  • Bauchschmerzen, oft krampfartig vor der Stuhlentleerung
  • Gewichtsverlust
  • Eventuell Fieber.

Wann zum Arzt

Am nächsten Tag, wenn

  • der Durchfall mehr als 3 Tage lang anhält, ohne Tendenz zur Besserung.

Am gleichen Tag, wenn

  • die Durchfälle blutig sind, starke Bauchschmerzen hinzukommen oder Fieber ohne plausible Ursache auftritt.

Die Erkrankungen

Morbus Crohn

Krankheitsentstehung. Beim Morbus Crohn handelt es sich um eine Entzündung, die alle Schichten der Darmwand betrifft, wobei entzündete Darmabschnitte sich mit entzündungsfreien Bereichen abwechseln. Die Ursache ist unbekannt. Die Forscher vermuten eine Autoimmunerkrankung bzw. eine gestörte Immunreaktion aufgrund einer genetischen Veranlagung, eventuell ausgelöst durch einen Infekt. Forschungen ergaben, dass Morbus-Crohn-Patienten einen Defensinmangel in der Darmwand haben. Defensine sind körpereigene Antibiotika. Zudem soll eine veränderte Zusammensetzung des Schleims bzw. der Schleimhaut verhindern, dass die Defensine ihre Wirkung entfalten. Die dadurch geschwächte Immunabwehr der Darmschleimhaut begünstigt eine Besiedelung der Wandschichten mit Bakterien, die wiederum für die chronische Entzündung verantwortlich gemacht werden.

Risikofaktoren. Die Mutationen (Veränderung) mehrerer Gene werden mit der Entstehung eines Morbus Crohn in Verbindung gebracht. Eines davon ist NOD2, ein Gen, das an der Regelung der Immunabwehr beteiligt ist. Ein weiterer nachgewiesener Risikofaktor ist das Rauchen.

Lokalisation. Meistens sind das letzte Stück des Dünndarms (Ileum) und der sich daran anschließende Dickdarmabschnitt von der Krankheit betroffen. In etwas selteneren Fällen ist nur der Dünndarm oder der Dickdarm erkrankt. Prinzipiell kann der Morbus Crohn aber in jedem Abschnitt vom Mund bis zum Anus auftreten.

Klinik. Bei den meisten Patienten treten als erste Symptome der Krankheit wiederkehrende Bauchschmerzen und Durchfälle auf, eventuell begleitet von Fieber und starkem Krankheitsgefühl. Meist sind die Schmerzen im rechten Unterbauch lokalisiert; dort ist oft auch eine schmerzhafte Verhärtung zu ertasten.

Komplikationen. Aufgrund der chronischen Entzündung sind Komplikationen beim Morbus Crohn häufig. Bei einigen Patienten macht sich die Krankheit überhaupt erst dadurch bemerkbar, z. B. durch

  • Fistelgänge vor allem im Anal- und Vaginalbereich (Analfistel). Diese Fisteln oder Verbindungsgänge bilden sich aus entzündlichen Prozessen des Darms. Die neu entstehenden Gänge enden in anderen Darmabschnitten, in Hohlorganen wie Harnblase oder Scheide (Vagina) oder in der Haut. Darminhalt und Eiter können auf diese Weise in die Blase oder Scheide gelangen und dort wiederum Entzündungen auslösen. Besonders oft ist der Analbereich betroffen. Dann entsteht zunächst eine eitrige Ansammlung unter der Haut (Analabszess), die später aufplatzt und Eiter sowie Darminhalt (Stuhl) aus dem Verbindungsgang entleert. Manchmal enden die Fisteln auch blind in der Bauchhöhle und bilden dort Abszesse.
  • Wenn entzündete Darmanteile heilen, bleiben Narben zurück, die den Darm verengen können. Aufgrund solcher Darmverengungen besteht beim Morbus Crohn eine erhöhte Gefahr für einen Darmverschluss.
  • Bei ausgeprägtem Befall oder wenn größere Teile des Dünndarms entfernt werden mussten, kann es aufgrund der mangelhaften Aufnahme von Nährstoffen zu Gewichtsverlust, Blutarmut und anderen Mangelerscheinungen kommen. Darüber hinaus gibt es Nebenwirkungen durch die Therapie (z. B. Osteoporose wegen der Kortisonpräparate).

Colitis ulcerosa

Krankheitsentstehung. Bei der Colitis ulcerosa sind nur die oberflächlichen Schleimhautschichten der Darmwand von der Entzündung betroffen. Es entstehen Geschwüre, die leicht bluten. Die Erkrankung beginnt meistens im Enddarm und schreitet dann oft über den Dickdarm in Richtung Blinddarm fort. Bei vielen Menschen ist ausschließlich der Enddarm von der Erkrankung betroffen; bei einem Viertel der Erkrankten ist der ganze Dickdarm befallen. Es gibt 3 Verlaufsformen bei der Colitis ulcerosa:

  • Zu etwa 85 % verläuft die Erkrankung in Schüben mit beschwerdefreien Perioden, die sich über Jahre erstrecken können.
  • Etwa 10 % der Patienten haben keinerlei beschwerdefreie Abschnitte.
  • In 5 % der Fälle nimmt die Krankheit einen sehr schweren Verlauf mit plötzlichem Beginn, massiven Durchfällen, Fieber und Wasserverlust bis hin zum Kreislaufschock; diese schweren Verläufe können tödlich sein.

Klinik. Während eines Krankheitsschubs leiden die Patienten unter blutigen und schleimigen Durchfällen, die bis zu 30-mal am Tag auftreten können. Hinzu kommen krampfartige Bauchschmerzen und eventuell Fieber. Die Patienten nehmen ab und entwickeln manchmal auch Beschwerden außerhalb des Magen-Darm-Bereichs wie Gelenk-, Augen- und Hautentzündungen sowie eine primär sklerosierende Cholangitis. Ist die Erkrankung auf den Enddarm beschränkt, weisen manchmal lediglich Schleimabgänge mit Blutbeimengungen auf die Krankheit hin.

Komplikationen. Bedrohliche Komplikationen sind Darmblutungen und das toxische Megakolon. Dabei ist die Darmwand durch die Entzündungen so stark geschädigt, dass es zu einer Darmlähmung kommt. Die Wandmuskeln erschlaffen; der Darminhalt wird nicht weitertransportiert und der Darm erweitert sich stark. Ein typisches Anzeichen ist ein extrem geblähter Bauch mit Fieber. Wird nicht rasch operiert, droht die Überdehnung des Dickdarms mit der Gefahr des Darmdurchbruchs, der lebensbedrohlichen Bauchfellentzündung sowie starker Blutungen. Neben diesen möglichen akuten Komplikationen ist bei der Colitis ulcerosa auch das Darmkrebsrisiko erhöht.

Außerhalb des Darms gelegene Entzündungsherde

Bei 15 bis 20 % der Patienten mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sind Gelenke betroffen. Es handelt sich um eine entzündliche rheumatische Erkrankung der Wirbelsäule oder asymmetrisch einzelner großer Gelenke der Beine. Der Arzt spricht von einer Arthritis bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung.

Man unterscheidet zwei Formen:

  • Typ I tritt parallel zu akuten Schüben der Darmerkrankung auf. Entsprechend verschwinden die Gelenkentzündungen mit der erfolgreichen Behandlung der Darmentzündung. Gelenkzerstörungen kommen praktisch nicht vor.
  • Beim Typ II sind mehr als fünf Gelenke betroffen. Die teilweise über Jahre anhaltenden Symptome treten unabhängig von der Aktivität der Darmentzündung auf. Gelenkzerstörungen sind möglich. Generell können die rheumatischen Symptome den Darmbeschwerden (Bauchschmerzen, Durchfälle und Gewichtsverlust) Monate bis Jahre vorausgehen.

Zur Arthritis können Entzündungen der Augen (Regenbogenhautentzündung), der Haut (Erythema nodosum), der Mundschleimhaut und der Gallengänge (primär sklerosierende Cholangitis) hinzukommen.

Diagnosesicherung

Da die Anzeichen einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung zu Beginn oft uncharakteristisch sind, ordnet der Arzt zunächst Blut- und Stuhluntersuchungen an. Dazu gehören vor allem Untersuchungen auf

  • Entzündungszeichen im Blut (erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit, vermehrte weiße Blutkörperchen, erhöhtes C-reaktives Protein)
  • Blutarmut und Eisenmangel (Blutbild, Ferritin)
  • bestimmte Antikörper im Blut, die bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn jeweils in unterschiedlicher Zusammensetzung auftreten
  • Entzündungszeichen im Stuhl (Calprotectin, Lactoferrin)
  • Bakterien im Stuhl (zum Ausschluss einer infektiösen Durchfallerkrankung).

Außerdem führt der Arzt eine genaue Untersuchung des Analbereichs, eine Tastuntersuchung des Enddarms sowie einen Bauchultraschall durch. Für die sichere Diagnose ist aber eine Spiegelung des Dickdarms mit Entnahme von Gewebeproben zur feingeweblichen Untersuchung nötig, da nur so die charakteristischen Veränderungen nachgewiesen werden können. Wurde dabei festgestellt, dass ein Morbus Crohn vorliegt, müssen auch der Dünndarm – mithilfe einer speziellen Röntgenkontrastmittel-Untersuchung oder einem Kernspin – sowie der Magen und die Speiseröhre mithilfe einer Magenspiegelung auf weitere Befallsorte der Krankheit abgesucht werden. Bei starkem Verdacht auf einen Morbus Crohn und unklaren Befunden in Kernspin oder Röntgen hilft eine Kapselendoskopie weiter. Dabei schluckt der Patient eine kleine Kamera, die dann Aufnahmen des Darms macht und mit dem Stuhl wieder ausgeschieden wird.

Differenzialdiagnosen. Bauchschmerzen und Durchfälle kommen auch bei infektiösem Durchfall, Divertikulitis oder Darmtuberkulose vor. Bei Gewichtsabnahme und Mangelsymptomen kommen weitere Darmerkrankungen mit gestörter Nährstoffaufnahme infrage. Bei Fieber und Unterbauchschmerzen muss auch an eine Blinddarmentzündung gedacht werden.

Behandlung

Morbus Crohn

Der Morbus Crohn ist eine chronische, nicht heilbare Erkrankung, die typischerweise in Schüben verläuft. Stabile Phasen werden immer wieder von leichten oder schweren Schüben unterbrochen. Dementsprechend sieht auch die Behandlung aus: Bei schweren Schüben wird z. B. mit hochdosiertem Kortison und Kombinationstherapien scharf geschossen, um die Entzündung einzudämmen. In den beschwerdefreien Erhaltungsphasen (Remissionen) wird auf Kortison verzichtet.

Therapie der Schübe. Leichte und mittelschwere Schübe werden meist ambulant behandelt. Wenn die Durchfälle jedoch sehr häufig sind und Fieber hinzukommt, lässt sich ein Krankenhausaufenthalt nicht vermeiden.

  • Symptomatische Therapie: Besonders wichtig ist in diesen Phasen eine leichte, ballaststoffarme Kost, um den Darm nicht noch zusätzlich zu belasten. Bei sehr schwerem Verlauf ist manchmal sogar eine Ernährungstherapie über eine Infusion in die Vene nötig (parenterale Ernährung). Begleitend verordnet der Arzt auch Mineralstoffe, Elektrolyte und Vitamine, um einen schubbedingten Mangel auszugleichen. Um die krampfartigen Schmerzen zu lindern setzt der Arzt Arzneimittel ein, z. B. Butylscopolamin (z. B. Buscopan®). Gegen die Durchfälle hilft z. B. Loperamid, das die Darmpassage verlangsamt.
  • Entzündungshemmende Therapie: Hauptziel ist in jedem Fall, die Entzündung so weit wie möglich zurückzudrängen. Je nach Stärken der Entzündung kommen folgende Medikamente in Frage:

  • Leichte Schübe: Hier kommt zunächst topisches Kortison, z. B. Budesonid zum Einsatz. Budesonid wirkt hauptsächlich direkt im Magen-Darm-Bereich (lokal bzw. topisch), wodurch viele Nebenwirkungen vermieden werden. Ein weiterer Wirkstoff ist Mesalazin, ein lang wirksamer Abkömmling der 5-Aminosalizylsäure (5-ASA; z. B. Claversal®, Salofalk®). Ist nur der Enddarm oder der untere Dickdarm befallen, können sowohl Kortison als auch Mesalazin in Form von Zäpfchen, Einläufen, am besten aber als Rektalschaum lokal angewendet werden.
  • Schwere Schübe werden hochdosiert mit Kortison-Tabletten (z. B. Prednisolon) therapiert. Im Gegensatz zu Budesonid wirkt Kortison im ganzen Körper. Aufgrund der starken Nebenwirkungen (Knochennekrosen, Wundheilungsstörungen, Gewichtszunahme, Depressionen) sollte die Einnahme jedoch nur wenige Wochen lang erfolgen. Verbessern sich die Symptome durch das Kortison nicht, verordnet der Arzt Immunsuppressiva, die die die Abwehrfunktionen des Körpers unterdrücken und so die Entzündung hemmen (Azathioprin, 6-Mercaptopurin). Alternativ gibt es zudem Antikörper, gegen Entzündungsfaktoren (TNF-alpha-Hemmer wie Infliximab, z. B. Remicade®). Weitere Möglichkeiten für schwere Verläufe sind Methotrexat oder der Anti-Integrin-Antikörper Vedolizumab (z. B. Entyvio®).
  • Erhaltungstherapie. Ist der Patient nach einem Schub wieder beschwerdefrei, entscheidet der Arzt, ob die Medikamente abgesetzt werden oder zur Schubprophylaxe weitergegeben werden. Für eine solche Dauertherapie zum Erhalt der Beschwerdefreiheit kommen vor allem Azathioprin, 6-Mercaptopurin und TNF-alpha-Hemmer in Frage.

Eventuell verordnet der Arzt auch Vitamin D und Kalzium, um einer Osteoporose vorzubeugen. Einer Blutarmut steuert er mit Eisenpräparaten oder auch Erythropoetin entgegen.

Operative Therapie. Beim Morbus Crohn operiert der Arzt so spät und so wenig wie möglich, um zusätzliche Probleme durch einen verkürzten Darm zu vermeiden (Kurzdarmsyndrom). Wundheilungsstörungen wie nicht heilende Darmnähte und neu auftretende Fisteln und Abszesse sind dabei leider nicht selten. Trotzdem können Komplikationen ein chirurgisches Eingreifen unabdingbar machen: Bei Darmdurchbruch, Darmverschluss oder Abszessen müssen die Chirurgen oft einen Teil des Dünndarms entfernen. Kommt es durch die entzündlichen Prozesse zu Verengungen der Darmpassage, hilft unter Umständen auch die Erweiterung per Ballondilatation.

Therapie von Fisteln. Für die Behandlung von Fisteln stehen eine Reihe von Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.

  • Antibiotika. Fisteln und Abszesse bei Morbus Crohn können unter einer Antibiotikabehandlung völlig abheilen. Meist verordnet der Arzt Metronidazol, Ciprofloxacin oder Ceftriaxon.
  • TNF-alpha-Hemmer. Alle Fisteln, die nicht zwingend operiert werden müssen können zunächst auch mit monoklonalen Antikörpern gegen den Entzündungsfaktor TNF alpha (TNF-alpha-Hemmer, z. B. Infliximab) behandelt werden. Vor allem bei Analfisteln setzen Ärzte diesen Wirkstoff gerne ein. Diese Therapie kommt nur in Frage, wenn sich keine Eiteransammlungen gebildet haben und Fisteln nicht blind enden.
  • Stammzellentherapie. Seit 2018 verfügbar ist die Stammzellentherapie mit Darvadstrocel (z. B. Alofisel®) bei ausgeprägten Fisteln mit verzweigtem Gangsystem. Diese Stammzellen werden aus dem Fettgewebe gesunder Spender gezüchtet und einmalig in das Fistelsystem des betroffenen Patienten injiziert. In Studien konnte die Therapie der Hälfte der Patienten helfen.
  • Operation. Ob eine Fistel operativ behandelt wird, hängt von ihrem Ausmaß und von ihrer Lokalisation ab. Mündet sie in der Harnblase oder "blind" im Weichteilgewebe des Bauchraums, sollte operiert werden. Meist schneiden die Chirurgen dabei den Teil des Darmes, von dem die Fistel abgeht, heraus und übernähen die Fistelöffnung. Auch Abszesse müssen in der Regel chirurgisch eröffnet werden. Bei Verbindungsgängen, die sich zwischen 2 Darmschlingen gebildet haben – sozusagen eine Abkürzung für den Speisebrei – ist entscheidend, wieviel Darm auf diese Weise umgangen wird. Wenn der Betroffene dadurch nicht mehr genügend Nährstoffe und Vitamine aufnehmen kann, muss die Abkürzung, d. h. die Fistel, chirurgisch ausgeschaltet werden.

Colitis ulcerosa

Therapie der Schübe. Auch bei der Colitis ulcerosa können leichte und mittelschwere Schübe meist ambulant behandelt werden. Bei schweren Schüben mit massiven blutigen Durchfällen und Fieber lässt sich ein Krankenhausaufenthalt jedoch nicht vermeiden. Je nach Stärke des Schubs ist dann ebenfalls eine parenterale Ernährung per Infusion in die Vene nötig. Um die Entzündung einzudämmen und den Darm vor weiterem Schaden zu bewahren, werden folgende Medikamente eingesetzt:

  • Leichter Schub (< 4 blutige Durchfälle am Tag, kein Fieber und geringes Krankheitsgefühl): Aminosalicylate topisch (Mesalazin), d. h. entweder als magensaftresistente Tabletten, damit der Wirkstoff die entfernten Darmabschnitte erreicht oder als Einlauf, Klysma oder Zäpfchen.
  • Mäßiger Schub (4–6 blutige Durchfälle am Tag, bis 38 °C Temperatur, deutliches Krankheitsgefühl): Ebenfalls Mesalazin, aber sowohl oral als auch als Zäpfchen oder Klysma, eventuell verordnet der Arzt auch Mesalazin oral plus Kortison als Klysma oder Rektalschaum.
  • Schwerer Schub (über 6 blutige Durchfälle am Tag, über 38 °C Fieber und schweres Krankheitsgefühl): Kortison als systemische Gabe, d. h. Prednisolon oral. Falls Kortison zu keiner Besserung führt, können Ciclosporin A, Tacrolimus, Infliximab oder Azathioprin eingesetzt werden.

Erhaltungstherapie. Um erneute Schübe zu vermeiden kommen bei der Colitis ulcerosa verschiedene Therapieprinzipien in Frage:

  • Mesalazin oral oder rektal über 2 Jahre (diese Dauertherapie senkt zudem das erhöhte Risiko des Dickdarmkrebs)
  • Wird 5-ASA als Dauerbehandlung nicht vertragen, gibt der Arzt lebende, nicht pathogene Escherichia-coli-Stämme (z. B. Mutaflor®), um eine funktionsfähige Darmflora zu stabilisieren.
  • Bei Schüben, die nur mit Ciclosporin A gebessert werden konnten, wird als Dauertherapie Azathioprin eingesetzt.
  • In der Erhaltungstherapie sollen sich Colitis-Patienten ausgewogen und vitaminreich ernähren. Eine Ernährungsberatung hilft, Mangelzustände zu vermeiden. Gegen Eisen- und Mineralstoffmangel verordnet der Arzt häufig Nahrungsergänzungsmittel.

Operative Therapie. Wenn bei der Colitis ulcerosa akute Notsituationen wie ein toxisches Megakolon (das ist ein maximal aufgeblähter Darmabschnitt, z. B. durch entzündlich bedingte Lähmung der Darmmuskulatur), massive Blutungen oder ein Darmdurchbruch auftreten, entfernen die Ärzte Enddarm und Dickdarm vollständig. Die Erkrankung ist sogar heilbar, d. h. der Patient lebt danach frei von Durchfällen und Bauchschmerzen. Dazu ist die Anlage eines ileoanalen Pouches, einer künstlichen Verbindung zwischen unterem Dünndarm (Ileum) und Anus notwendig. Meist gelingt es den Ärzten, den Schließapparat zu erhalten, sodass der Patient weiterhin die Kontrolle über seinen Stuhlgang hat. Dabei wird als Stuhlreservoir vor dem Schließmuskel aus Dünndarm eine neue Reservoirzone in Form eines Beutels (Pouch) gebildet.

Komplikationen nach Colitis- oder Crohn-Operation

Morbus Crohn: Nach ausgedehnten Dünndarmoperationen drohen Verdauungsstörungen, da nicht genügend Darmschleimhaut zur Verfügung steht, um die Nahrungsbestandteile in den Körper aufzunehmen. Neben Gewichtsverlust treten oft weitere Mangelerscheinungen durch ungenügende Aufnahme von Vitaminen (z. B. Anämie durch Vitamin- B12-, Eisen- und Folsäuremangel) und weitere Beschwerden auf, die jeweils zusätzlich zur Grundkrankheit behandelt werden müssen (Kurzdarmsyndrom).

Colitis ulcerosa: Entzündungen am Reservoir des ileoanalen Pouches (Pouchitis) treten in 15 % der Fälle nach 1 Jahr und in bis zu 45 % innerhalb von 10 Jahren auf; sie können mit Metronidazol® meist gut behandelt werden.

Prognose

Morbus Crohn: Leider ist der Morbus Crohn bisher nicht heilbar. Eine gute Therapie kann aber die Beschwerden lindern, sodass der Patient ein weitgehend normales Leben führen kann. Bei manchen Patienten nimmt die Krankheitsaktivität mit zunehmendem Alter ab.

Colitis ulcerosa: Bei der Colitis ulcerosa kommt es oft zu (manchmal jahrelangen) krankheitsfreien Intervallen. Die Erkrankung ist gut kontrollierbar, dies gilt insbesondere, wenn die Entzündung auf den Enddarm und den unteren Dickdarm beschränkt bleibt. Mit dem Entfernen des gesamten End- und Dickdarms ist die Colitis ulcerosa sogar geheilt; alle Symptome dieser Krankheit sind verschwunden.

Darmkrebsrisiko. Etwa 5 % der Colitis ulcerosa-Patienten entwickeln einen Darmkrebs. Auch beim Morbus Crohn ist das Darmkrebsrisiko erhöht. Daher werden regelmäßige, je nach Ausprägung der Erkrankung bis zu jährliche Darmspiegelungen empfohlen.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Körperliche Schonung. Während eines akuten Schubs mit anhaltenden Durchfällen, Bauchschmerzen und Abgeschlagenheit ist es wichtig, dass Sie sich körperlich schonen oder Bettruhe einhalten, wenn es Ihnen sehr schlecht geht.

Astronautenkost. Im leichten akuten Schub entlasten Sie den Darm durch ballaststofffreie und/oder flüssige Nahrung (Astronautenkost); während eines schweren Schubs ist jedoch eine parenterale Ernährung mittels Infusionen in der Klinik nötig.

Meiden von unverträglichen Speisen. Eine Milchunverträglichkeit, mitunter auch der gesamte Krankheitsverlauf, bessert sich durch das konsequente Meiden von Milchprodukten und sonstigen Speisen, die Sie nicht vertragen.

Verzicht auf Nikotin. Der Verzicht aufs Rauchen vermindert die Gefahr eines neuen Schubs bei Morbus Crohn um etwa die Hälfte!

Ein CED-Pass (ein kleines Heft zur Dokumentation ihrer Erkrankung, der Untersuchungen und Therapien) hilft Ihnen, die Vorsorgeuntersuchungen nicht zu versäumen, und unterstützt auch neu mitbehandelnde Ärzte bei der Übersicht über die Therapien.

Einen schützenden Effekt – zumindest was die Colitis ulcerosa betrifft – hat offenbar Olivenöl, genauer die darin reich enthaltene Ölsäure. Mediziner vermuten, dass zwei bis drei Teelöffel eines ölsäurereichen Öls (auch Traubenkernöl oder Erdnussöl) pro Tag das Erkrankungsrisiko um bis zu 90 % verringern.

Stressabbau. Wenn sich wie bei vielen Crohn- oder Colitis-Patienten unter Stress die Beschwerden verstärken, helfen Entspannungstechniken und Stressreduktion-Maßnahmen. Überdenken Sie Ihren Tagesplan, erlernen Sie Techniken, mit denen Sie Geist und Körper immer wieder zur Ruhe bringen können wie z. B. Autogenes Training und die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen.

Psychotherapie. Sowohl der Morbus Crohn als auch die Colitis ulcerosa sind mit ihren Durchfällen, Krankenhausaufenthalten und Ernährungsanpassungen sehr belastende Erkrankungen. Scheuen Sie sich nicht, psychotherapeutische Hilfe zu suchen. Studien zufolge hilft Psychotherapie dabei, die krankheitsbedingt schwierige Lebenssituation zu meistern und sogar die Schmerzen zu verringern. Daneben profitieren viele Betroffene auch von Patienten- und Selbsthilfegruppen.

Komplementärmedizin

Die Komplementärmedizin ist allenfalls eine Option im beschwerdefreien Intervall; während eines akuten Schubs ist sie keine Alternative zur medikamentösen Behandlung. Der Patient sollte abwägen, ob es nicht besser ist, in Phasen der Beschwerdefreiheit die Krankheit ganz loszulassen, anstatt durch wieder neue Therapien die Erkrankung weiter in den Lebensmittelpunkt zu stellen.

Homöopathie und Akupunktur. Verschiedene Erfahrungsberichte bestätigen vor allem der Hömöopathie und Akupunktur einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf.

Pflanzenheilkunde. Die Pflanzenheilkunde empfiehlt z. B. Blutwurz, Pfefferminze oder Schöllkraut bei Durchfall und Bauchkrämpfen. Besteht ein häufiger Wechsel der Stuhlkonsistenz zwischen Durchfällen und Verstopfung, sollte die regelmäßige Einnahme von Flohsamenschalen oder indischem Flohsamen (Verstopfung) erprobt werden. Als Basistherapie zur Stabilisierung der Stuhlkonsistenz steht Trockenhefe (z. B. Hamadin® N-Kapseln) zur Verfügung.

Weiterführende Informationen

  • www.leitlinien.net – Stichwortsuche Morbus Crohn: Ärztliche Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Morbus Crohn.
  • www.leitlinien.net – Stichwortsuche Colitis ulcerosa: Ärztliche Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Colitis ulcerosa.
  • www.dccv.de – Website der Deutschen Morbus Crohn- und Colitis ulcerosa-Vereinigung e. V. (DCCV, Leverkusen): Bietet gute Links.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Darmdivertikel und Divertikulitis

Darmdivertikel (Divertikulose): Ausstülpungen der Dickdarmschleimhaut nach außen. Divertikel finden sich am häufigsten im S-förmigen Dickdarm (Sigma-Kolon). Warum sie entstehen, ist noch nicht eindeutig geklärt, begünstigend ist jedoch eine zunehmende Bindegewebsschwäche im höheren Lebensalter: Mehr als die Hälfte der 70-Jährigen weisen symptomlose Divertikel auf. Bei 20 % der Betroffenen kommt es zu einer akuten Entzündung eines oder mehrerer Divertikel, der Divertikulitis mit Bauchschmerzen und Fieber. Behandelt wird je nach Ausmaß der Beschwerden mit ballaststoffarmer Kost, Nahrungskarenz, Schmerzmitteln und Antibiotika. Bei schwerer Entzündung wird der betroffene Darmabschnitt manchmal auch entfernt.

Der Arzt nennt die hier besprochenen Darmdivertikel des höheren Lebensalters auch falsche Darmdivertikel, weil sich hier nur die Darmschleimhaut ausstülpt. Davon abgegrenzt werden echte oder angeborene Darmdivertikel, bei denen sich die gesamte Darmwand ausstülpt. Diese sind aber selten.

Symptome und Leitbeschwerden

Darmdivertikel:

  • Wenn Symptome, dann am häufigsten Verstopfungsneigung.

Divertikulitis:

  • Stuhlunregelmäßigkeiten, Durchfall und Verstopfung im Wechsel
  • Blähungen
  • Krampfartige Schmerzen im linken Unterbauch ("Linksappendizitis") oder im rechten Unterbauch (Symptome einer Blinddarmentzündung)
  • Fieber.

Wann zum Arzt

Am gleichen Tag bei

  • starken Unterbauchschmerzen und Fieber.

In den nächsten Tagen bei

  • immer wiederkehrenden Bauchschmerzen und Stuhlunregelmäßigkeiten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung und Verlauf

Darmdivertikel entstehen als Folge einer Schwäche des Dickdarmbindegewebes und eines erhöhten Drucks im Innern des Darms. Vor allem dort, wo die Gefäße (Arterien und Venen) durch die Darmwand treten, drückt sich die Darmwand durch die Muskelschicht hindurch nach außen. Besonders häufig sind die beiden letzten Dickdarmabschnitte, das absteigende Kolon und das S-förmige Kolon (Sigma-Kolon) betroffen, weil hier der Druck durch den gesammelten Stuhl am größten ist. In den Ausstülpungen der Darmwand sammelt sich Stuhl zusammen mit Bakterien; dies führt früher oder später zu einer Entzündung der Darmwand (Divertikulitis). Die Betroffenen klagen über krampfartige Schmerzen im linken Unterbauch, vor allem nach dem Essen. Verstopfung und Durchfall wechseln sich dabei häufig ab, bei starker Entzündung stellt sich auch Fieber ein.

Risikofaktoren. Hauptrisikofaktor für Divertikel sind das fortgeschrittene Alter: In Industrieländern hat jeder 2. über-70-Jährige Divertikel. Weitere Risikofaktoren sind

  • Übergewicht
  • Rauchen
  • Bewegungsmangel
  • Ballaststoffarme Ernährung (umstritten).

Komplikationen

Entzünden sich in der Nähe des Blinddarms gelegene Divertikel, treten Schmerzen im rechten Unter- oder Mittelbauch auf, die den Beschwerden einer akuten Blinddarmentzündung gleichen können. Manchmal kommt es zu Blutungen oder es bilden sich Fisteln. Fisteln sind durch Entzündungen und Entzündungsreaktionen neu gewachsene Gänge, die entweder blind im Bauchraum oder in einem anderen Hohlorgan (Darm, Scheide, Blase) enden. Weiter kann ein örtlich begrenzter Wanddurchbruch des Darms mit lokaler Eiteransammlung (Abszess) entstehen oder ein freier Durchbruch mit einer nachfolgenden lebensbedrohlichen Entzündung des Bauchfells (Peritonitis). Bestehen Fisteln, Abszesse oder ein Durchbruch, spricht man von einer akuten komplizierten Divertikulitis.

Eine chronische Divertikulitis liegt vor, wenn immer wieder Entzündungsschübe auftreten. Hier drohen durch die wiederholten Entzündungen Komplikationen wie Fisteln, aber auch Darmeinengungen. Bei starker Verengung des Darms droht sogar ein akuter Darmverschluss.

Diagnosesicherung

Treten bei älteren Menschen Schmerzen im linken (oder seltener auch im rechten) Unterbauch auf, erkennt der Arzt zugrunde liegende entzündete Divertikel eventuell bereits mithilfe eines Bauchultraschalls. Oft liegt Fieber vor und die Blutuntersuchung weist auf eine Entzündung hin. Reicht der Ultraschall zur Diagnose nicht aus, ist ein CT (oder Kernspin) nach rektaler Gabe eines wasserlöslichen Kontrastmittels die sicherste Nachweismethode. Eine Darmspiegelung ist während der Akutphase zu gefährlich, da das Risiko besteht, mit dem Endoskop die entzündliche und dadurch sehr verletzliche Darmwand durchstoßen. Nach Behandlung und Abklingen der akuten Entzündung ist die Darmspiegelung jedoch unumgänglich, um weitere krankhafte Darmveränderungen, wie z. B. Polypen oder Darmkrebs, auszuschließen.

Differenzialdiagnosen. Die wichtigsten Differenzialdiagnosen sind die akute Blinddarmentzündung, der Reizdarm, der Dickdarmkrebs und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn. Bei Frauen rufen auch gynäkologische Erkrankungen ganz ähnliche Beschwerden wie eine Divertikulitis hervor.

Behandlung

Eine Divertikulose erfordert keine spezielle Behandlung.

Tritt eine leichte Divertikulitis zum ersten Mal auf, weist der Arzt den Patienten häufig vorsichtshalber in eine Klinik ein. Ansonsten wird eine akute unkomplizierte Divertikulitis ambulant unter regelmäßiger ärztlicher Kontrolle behandelt. Damit der Darm in Ruhe ausheilt, sind körperliche Schonung und ballaststoffarme Kost angesagt. Gegen die bakterielle Infektion verordnet der Arzt Antibiotika, gegen die Schmerzen Schmerzmittel (z. B. Metamizol oder Buprenorphin).

Eine akute komplizierte Divertikulitis zeichnet sich durch kleine oder größere Abszesse aus, die der Arzt sowohl bei der Ultraschalluntersuchung als auch in der CT gut erkennt. Da Darmdurchbruch und Bauchfellentzündung drohen, ist in komplizierten Fällen immer eine stationäre Behandlung mit Antibiotika- und Schmerzmittelgabe notwendig. Meist wird der Darm stillgelegt, d. h., der Patient darf bis zum Abklingen der Entzündung nichts essen und wird über eine Infusion ernährt.

Operation. Schlägt bei der komplizierten Divertikulitis die Therapie mit Antibiotika nicht innerhalb von 3 Tagen an, müssen die Ärzte meist operieren, d. h. den betroffenen Darmabschnitt entfernen. Sofort operiert wird bei einem Darmwanddurchbruch (Darmperforation) oder bei einem Darmverschluss. In einer solchen Notfalloperation entfernen die Chirurgen den betroffenen Darmabschnitt und legen einen künstlichen Darmausgang an. Der Stuhl wird dann über die Bauchwand in einen Auffangbeutel abgeleitet. Wenn sich nach 3 bis 4 Monaten die Entzündung wieder beruhigt hat und der Patient stabil ist, wird der künstliche Ausgang in einer erneuten Operation wieder rückverlegt.

Nicht lebensbedrohliche Einengungen des Dickdarms oder Fisteln, die sich durch die Entzündung gebildet haben, operieren die Chirurgen in der Regel erst in einem entzündungsfreien Intervall. Denn ohne eine parallel schwelende Entzündung im Bauch verheilt der Darm viel besser.

Auch bei der chronischen, immer wiederkehrenden Divertikulitis empfiehlt der Arzt eine Entfernung des betroffenen Darmabschnitts.

Prognose

Divertikel machen meist keine Beschwerden – sie sind häufig nur Nebenbefund bei einer Darmspiegelung. Das Risiko, dass sich solche symptomlosen Divertikel entzünden und zu einer Divertikelkrankheit führen, beträgt etwa 4 %.

Was Sie selbst tun können

Verstopfung vermeiden. Chronische Verstopfung erhöht den Druck im Enddarm und erhöht das Risiko für die Entstehung neuer Divertikel. Degegen hilft es, sich ballaststoffreich ernähren und dem Körper viel Flüssigkeit zuführen. Körperliche Bewegung und eine zeitnahe Darmentleerung, sobald Stuhldrang bemerkt wird, beugen ebenso einer Verstopfung vor. Auch der Verzehr von Weizenkleie, Leinsamen oder Flohsamen mit reichlich Flüssigkeit und Laktulose führen zu einem weicheren, gleitfähigeren Stuhl. Weitere Tipps gibt es direkt beim Artikel Verstopfung.

Bei einer leichten Divertikulitis indes empfiehlt es sich, auf Ballaststoffe eher zu verzichten, weil diese die Beschwerden verstärken können.

Unterbauch kühlen. Schmerzlindernd bei einer leichten Divertikulitis wirkt die Kühlung des Unterbauchs, z. B. mit einer Eisblase. Dafür füllt man Eiswürfel oder auch ein Kühlelement in einen Plastikbeutel, wickelt diesen in ein Handtuch und legt das Paket auf den Bauch. Vorsicht, das Eis darf nicht direkt mit der Haut in Berührung kommen, da sonst Erfrierungen drohen.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Darmkrebs

Darmkrebs (Kolorektales Karzinom): Zweithäufigster bösartiger Tumor in den Industriestaaten. Pro Jahr erkranken in Deutschland 67.000 Menschen; etwa jeder Vierte stirbt daran. Darmkrebs kommt besonders häufig im Alter zwischen 50 und 79 Jahren vor, bei Männern häufiger als bei Frauen. Das Darmkrebsrisiko beträgt für die Normalbevölkerung etwa 6 %, bei Risikogruppen (z. B. mit genetischer Disposition) beträgt es bis zu 15 % und bei einigen seltenen vererbten Formen sogar 100 %.

Darmkrebs verursacht zunächst meist keine bzw. uncharakteristische Symptome und wird deshalb oft erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt. Bei frühzeitiger operativer Behandlung und eventuell zusätzlicher Chemo- und Strahlentherapie ist die Prognose gut.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Veränderungen beim Stuhlgang (wie Verstopfung oder Durchfälle) ohne erkennbare Ursache, besonders verdächtig ist der abrupte Wechsel zwischen beiden (paradoxe Diarrhö)
  • Ungewöhnlich viele Winde, typischerweise mit unmerklichem Stuhlabgang ("falscher Freund")
  • Blut im Stuhl
  • Gewichtsabnahme
  • Bauchschmerzen.

Wann zum Arzt

In den nächsten beiden Tagen, wenn

  • mehrere der obigen Beschwerden neu auftreten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung und Risikofaktoren

In den meisten Fällen entwickelt sich ein Darmkrebs aus einem zunächst gutartigen Dickdarmpolypen. Bei 10 % der Darmkrebsfälle sind genetische Faktoren beteiligt, die zu Zellveränderungen (Dysplasien) führen und die Entstehung eines Krebses begünstigen. Die größte Rolle bei der Entstehung spielen aber Begleiterkrankungen und Ernährungsgewohnheiten. Während eine ballaststoffarme, an tierischen Fetten und Eiweißen reiche Ernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel sowie langjähriger Nikotin- und Alkoholkonsum das Risiko erhöhen, schützt eine fett- und fleischarme, ballaststoffreiche Ernährung vor Darmkrebs. Eine Studie hat ergeben, dass mehr als 7 Gläser Alkohol pro Woche das Darmkrebs-Risiko bereits um 60 % ansteigen lassen. Auch lange bestehende entzündliche Darmerkrankungen erhöhen das Risiko, insbesondere die Colitis ulcerosa, sowie bei der Frau Krebserkrankungen von Brust, Eierstöcken und Gebärmutter.

Übergewicht, v. a. ein vermehrter Taillenumfang scheint bei der Dickdarmkrebsentstehung ebenfalls eine Rolle zu spielen. Studien geben Hinweise darauf, dass die von Fettzellen abgegebenen Substanzen eine Krebsentstehung begünstigen. Deshalb ist es sinnvoll, auf ein normales Körpergewicht und insbesondere auf den Taillenumfang zu achten, um der Erkrankung vorzubeugen.

Lokalisation

Der Arzt unterscheidet beim Darmkrebs zwischen Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs, 40 % der Fälle, je hälftig den S-förmigen Dickdarm und den weiter oben liegenden Dickdarm betreffend) und Rektumkarzinom (Mastdarmkrebs, 60 % der Fälle). Letzteres liegt vor, wenn der Krebs sich im Anus oder maximal 16 cm aufwärts befindet. 90 % der Darmkrebse gehen von den Drüsenzellen der Schleimhaut aus. Die übrigen 10 % entstehen aus anderen Zelltypen der Schleimhaut (für diese gilt das im Folgenden besprochene therapeutische Vorgehen nur zum Teil).

Komplikationen

Mit zunehmendem Wachstum des Darmkrebses beginnt dieser häufig zu bluten – manchmal hat ein Patient zum Zeitpunkt der Diagnose literweise Blut verloren. Weitere Komplikationen sind Darmverschluss und Darmwanddurchbruch (Perforation) mit Gefahr einer Bauchfellentzündung (Perforationsperitonitis). Manchmal breitet sich der Krebs durch infiltrierendes Wachstum auch direkt in die Nachbarorgane aus, z. B. in Blase und weibliche Geschlechtsorgane. Oder Tumorzellen werden über Lymph- und Blutgefäße in andere Organe verschleppt und wachsen dort zu Tochtergeschwülsten (Metastasen) heran. Von Metastasen werden vor allem benachbarte Lymphknoten oder die Leber befallen. Oftmals führen erst eingetretene Komplikationen wie massiver Blutabgang im Stuhl, ein Darmverschluss oder die Entdeckung von Metastasen zur Diagnose.

Diagnosesicherung

Bei Verdacht auf Darmkrebs untersucht der Arzt zunächst den Stuhl auf verborgenes Blut (Stuhluntersuchung) und tastet den Enddarm aus.

Stuhluntersuchungen

Der Nachweis von okkultem Blut im Stuhl erfolgt mit einem immunologischen Verfahren (i-FOBT oder i-FOB-Test) (Hämoccult®-Test). Der immunologische Test weist menschliches Hämoglobin, also den körpereigenen Farbstoff des Blutes nach. Ist der Test positiv, so kann das auf einen (blutenden) Tumor im Darm hinweisen. Möglicherweise stammt das Blut aber auch aus anderen Quellen, z. B. aus einer Magenschleimhautentzündung, Hämorrhoiden, aus Zahnfleischverletzungen oder bei Frauen durch Blutspuren während der Menstruation. Ein positiver Stuhltest muss immer abgeklärt werden, in der Regel mit einer Darmspiegelung.

Zwar weist der Test nur blutende Krebsgeschwüre nach, dafür ist aber weder gefährlich noch aufwändig.

Hinweise zur Testdurchführung: Bei Zahnfleisch- und Nasenbluten oder bei Frauen während der Menstruation wird der Test verschoben.

Weitere Stuhltests. Neuere Tests weisen genetische Veränderungen an Erbgut-Fragmenten im Stuhl (DNA-Stuhltests) oder ein Enzym nach, das in entarteten Zellen besonders häufig vorkommt (Tumor-M2-Pyruvatkinasetest). Überdiagnosen sind bei beiden Verfahren so häufig, dass diese Stuhltests zur Früherkennung als nicht geeignet gelten.

Austasten des Enddarms

Bei dieser klassischen Methode führt der Arzt einen Finger durch den After ein und tastet das untere Ende des Dickdarms aus. Zur Früherkennung ist die Tastuntersuchung des Enddarms ungenau, weil viele Darmtumore höher sitzen – trotzdem werden mit dieser Methode jährlich viele Tausend Mastdarmkrebsfälle entdeckt.

Darmspiegelung

Auch bei fehlendem Blutnachweis im Stuhltest und normalem Befund der Tastuntersuchung des Enddarms schließt sich bei weiter bestehendem Verdacht in jedem Fall eine Darmspiegelung an. Nur wenn dies nicht möglich ist, wird auf eine indirekte Darmuntersuchung wie Kolon-Doppelkontrast, CT oder Kernspin oder auch eine Kapselendoskopie zurückgegriffen.

Koloskopie (große Darmspiegelung). Die endoskopische Darmspiegelung (Koloskopie), bei der der gesamte Dickdarm gespiegelt wird, ist aussagefähiger als die Tastuntersuchung des Enddarms. Häufig stößt der Arzt bei der Untersuchung auf Vorwölbungen der Schleimhaut (Polypen). 95 % dieser Polypen erweisen sich bei der späteren feingeweblichen Untersuchung im Labor als gutartig. Bei 5 % befinden sich aber im Zentrum des Polypen entartete Zellen, also ein beginnender Darmkrebs, weshalb Polypen grundsätzlich in ihrer Gesamtheit entfernt werden.

Die Bilanz der Früherkennung durch Darmspiegelung in Zahlen: Bei 270 von 1000 Teilnehmern werden Polypen gefunden und abgetragen; bei 6 von 1000 Teilnehmern der Untersuchung wird ein Darmkrebs entdeckt. Die Treffsicherheit des Verfahrens ist gut; nur etwa 10 % der Polypen und damit auch nur wenige Krebsfälle werden übersehen. Experten nehmen an, dass die Darmspiegelung das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, um etwa zwei Drittel verringert.

Ganz risikofrei ist die Untersuchung aber nicht: Bei einer von 2000 Darmspiegelungen kommt es zu einer Verletzung oder Blutung, die eine Einlieferung ins Krankenhaus oder eine Operation erfordert. Einer von 1000 Patienten leidet an unerwünschten Nebenwirkungen des Beruhigungsmittels. Insgesamt ist die Früherkennungsuntersuchung durch die Darmspiegelung zwar belastend und auch nicht ganz risikolos, wegen der Schwere der möglicherweise verhinderten Erkrankung aber dennoch zu empfehlen.

Sigmoidoskopie (Kleine Darmspiegelung). Auch die kleine Darmspiegelung (Sigmoidoskopie) wird zur Früherkennung eingesetzt. Untersucht werden die letzten 50–60 cm des End- und Dickdarms. Jedoch werden dabei im Vergleich zu der den ganzen Dickdarm spiegelnden Koloskopie (Darmspiegelung) ein Drittel der Krebsfälle übersehen, entsprechend niedriger ist die Aussagekraft.

Kapselendoskopie. Auch die Kapselendoskopie ermöglicht einen Blick in das Innere des Darms. Hier schluckt der Patient eine Kapsel mit einer Videokamera, die dann durch den Verdauungstrakt wandert. Auf ihrem Weg funkt die Kamera Bilder aus dem Inneren des Darms auf den Computer des Untersuchers. Auch wenn diese Methode für den Patienten angenehmer erscheint, hat sie in puncto Krebserkennung doch Nachteile: Sie ist weniger genau als eine normale Darmspiegelung, und entdeckte Darmpolypen können nicht direkt abgetragen werden. Die Kapselendoskopie wird daher nur in sehr seltenen Fällen eingesetzt, z. B. wenn der Patient eine Koloskopie ablehnt.

Weitere Untersuchungen

Septin-9-Test. Bei der Entstehung von Darmkrebs spielt die Aktivität des Gens Septin-9 eine wichtige Rolle. Die Aktivität des Gens wird durch sein so genanntes Methylierungsmuster bestimmt. Das bedeutet, dass sich an ein Gen Methylreste anlagern. Je mehr Methylreste ein Gen hat, umso weniger aktiv ist es. Bei vielen Krebsarten finden sich spezifische Methylierungsmuster. Das Septin-9-Gen liegt beispielsweise nur in Darmkrebszellen methyliert vor, aber nicht in gesundem Gewebe. Da der Septin-9-Test eben dieses methylierte Septin-9 nachweist, eignet er sich auch für die Früherkennung von Darmkrebs. Die Wissenschaftler, die den Test überprüften, weisen allerdings darauf hin, dass der Test ungeeignet ist, um Krebsvorstufen oder gutartigen Darmkrebs zu erkennen. Daher ist die Darmspiegelung noch immer die wichtigste Vorsorgemaßnahme.

Untersuchungen nach Tumordiagnose

Bestätigt sich der Tumorverdacht, wird die Ausdehnung des Tumors in weiteren Untersuchungen abgeschätzt. Diese Untersuchung nennen die Ärzte auch Staging. Nach den Ergebnissen des Stagings planen die Ärzte dann die passende Therapie. Zu den Staging-Untersuchungen gehören

  • Bauchultraschall zum Ausschluss von Metastasen in der Leber
  • Ultraschall durch den Enddarm, um zu erkennen, wie tief sich ein Mastdarmkrebs in die Darmwand ausgedehnt hat
  • Spiral-CT
  • Blasenspiegelung, gynäkologische Untersuchungen
  • Röntgenaufnahme des Brustraums zum Ausschluss von Lungenmetastasen
  • Bestimmung des Tumormarkers CEA im Blut als Ausgangswert vor Therapie für die Verlaufskontrolle.

Behandlung

Operative Behandlung

Wann immer möglich, werden der betroffene Darmabschnitt und die regionalen Lymphknoten operativ entfernt.

Beim Dickdarmkrebs entfernen die Ärzte je nach Lage des Tumors die rechte oder die linke Seite des Dickdarms und nähen die verbliebenen Darmenden wieder aneinander. Ein künstlicher Darmausgang ist beim Dickdarmkrebs deshalb nur selten nötig. In der gleichen Operation entfernen die Ärzte auch die zu dem Darm gehörenden Lymphknoten. Sowohl die Lymphknoten als auch der entnommene Darm werden nach der Operation feingeweblich untersucht, um zu prüfen, ob der Tumor auch wie gewünscht im Gesunden entfernt wurde – d. h., ob keine Tumorreste verblieben sind.

Auch beim Mastdarmkrebs gilt es, den Tumor vollständig mitsamt Lymphknoten zu entfernen. Bei ausgedehntem Befall versuchen die Ärzte, den Tumor vor der Operation mit einer Bestrahlung oder Chemotherapie zu verkleinern. Dann lässt er sich leichter entfernen. Ob beim Mastdarmkrebs ein künstlicher Darmausgang nötig wird, hängt von der Lage des Tumors ab. In 85 % der Fälle wird der Schließmuskel erhalten, nämlich immer dann, wenn der Tumor sich im oberen oder mittleren Drittel des Enddarms befindet oder wenn ein im unteren Drittel befindlicher Tumor nur auf die Darmwand beschränkt ist. Liegt der Tumor nahe am Darmausgang oder ist der Krebs sehr weit fortgeschritten, müssen die Ärzte den gesamten Enddarm einschließlich Schließmuskel entfernen und einen künstlichen Darmausgang anlegen.

Sofern keine Metastasen außerhalb der Leber nachweisbar sind und der Primärtumor vollständig entfernt wurde, werden Einzelmetastasen der Leber ebenfalls operativ entfernt.

Behandlung nach der Krebsoperation

Chemotherapie. Liegen viele Metastasen vor oder ist die Leber von Metastasen durchsetzt, wird vom Arzt eine Chemotherapie angeboten. Auch wenn Tumorgewebe in den Lymphknoten nachgewiesen wurde, empfehlen die Ärzte in der Regel eine Chemotherapie. Diese kann den Krebs nicht heilen, aber lebensverlängernd wirken. Übliche Therapieschemata sind Kombinationen aus 5-Fluorouracil, Folinsäure und Oxaliplatin, die meist über ein halbes Jahr in regelmäßigen Abständen per Infusion oder Tabletten verabreicht werden.

Zielgerichtete Therapien. Zusätzlich verordnen die Ärzte manchen Patienten mit fortgeschrittenem Darmkrebs auch sogenannte zielgerichtete Therapien. Ziel dieser Wirkstoffe sind entweder die Tumorzellen selbst oder die Blutgefäße, die den Tumor ernähren.

  • So haben beispielsweise Dickdarmkrebszellen häufig Rezeptoren für Wachstumsfaktoren, die das Größerwerden und die Vermehrung der bösartigen Zellen fördern. Einige Medikamente wie z. B. Cetuximab besetzen diese Rezeptoren mit Antikörpern und bremsen so das Tumorwachstum. Ob ein Patient von diesen Wirkstoffen profitiert, testen die Ärzte vor der Therapie an einer Gewebeprobe im Labor. Cetuximab wird wöchentlich über mehrere Monate hinweg als Infusionslösung verabreicht.
  • Andere Medikamente mit Antikörpern, wie z. B. Bevacizumab, besetzen die Rezeptoren für Wachstumfaktoren auf den Gefäßen des Tumors. Diese verhindern das Andocken des Wachstumsfaktors und bremsen damit das weitere Aussprossen der Gefäße in das Tumorgewebe. In der Folge wird der Tumor weniger gut mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und am Weiterwachsen gehindert. Solche Wirkstoffe können zusätzlich zu den Chemotherapiekombinationen das Überleben des Patienten verlängern. Auch Bevacizumab wird als Infusion verabreicht, allerdings in Abständen von 2–3 Wochen.

Bestrahlung. Der Mastdarmkrebs wird nach der Operation oft zusätzlich bestrahlt, da er dazu neigt, vor Ort wiederaufzutauchen. Die Strahlenmenge wir dazu auf mehrere Sitzungen über mehrere Wochen hinweg aufgeteilt, um die Nebenwirkungen der Strahlentherapie (Blasenentzündungen, Bauchschmerzen, Durchfall) möglichst gering zu halten.

Nachsorge

In vielen Fällen folgt nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zunächst eine Anschlussheilbehandlung in Rehazentren für 3–4 Wochen, um die notwendige Ernährungsumstellung und den Umgang mit dem künstlichen Darmausgang zu erlernen. Die Betroffenen müssen sich lebenslang in 3 bis 12-monatlichen Abständen untersuchen lassen.

Um ein erneutes Tumorwachstum oder Metastasen frühzeitig zu erkennen, gehört zum regelmäßigen Nachsorgeprogramm die Bestimmung des Tumormarkers CEA im Blut, Darmspiegelungen, Bauchultraschall (insbesondere der Leber), Röntgenuntersuchungen des Brustraums und gegebenenfalls CTs.

Prognose

Die Aussichten sind dann gut, wenn der Tumor im Frühstadium entdeckt und entfernt wird und keine Metastasen vorliegen.

Hat der Tumor bereits die tieferen Darmwandschichten erreicht, kann aber herausoperiert werden, beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate beim Dickdarmkrebs 80 % und beim Mastdarmkrebs 45 %. Beim Befall regionaler Lymphknoten oder benachbarter Organe verschlechtert sich die Prognose beim Dickdarmkrebs auf unter 55 %. Sind Fernmetastasen entstanden, leben nach 5 Jahren nur noch 10 % der Erkrankten.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Ernährung umstellen. Nach einer Darmkrebsoperation sind wochen- bis monatelange Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme regelmäßige Komplikationen. Meist hilft es, das Essen auf mehrere kleine Mahlzeiten zu verteilen. Achten Sie besonders darauf, was Sie nicht vertragen, und notieren Sie Ihre Beobachtungen in einem Ernährungstagebuch. Mit der Zeit spielt sich vieles wieder bis zu einem gewissen Grad ein: Die meisten Betroffenen vertragen nicht mehr alles, leben aber trotzdem gut und essen auch wieder mit Freude.

Flüssigkeitsverluste ausgleichen. Bei dünnflüssigem Stuhl eignen sich stille Mineralwässer, Kräuter- und Früchtetees, um den Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen. Ballaststoffe helfen, die Stuhlbeschaffenheit zu steuern, Weizenkleie bindet überschüssiges Wasser im Darm, getrocknete Heidelbeeren wirken stopfend. Frisches Obst und frische Milch sollten Sie bei Durchfällen nur in kleinen Mengen zu sich nehmen. Joghurt hat dagegen einen ausgleichenden Effekt auf die Verdauung; auch Knäcke- und Knusperbrote oder Reiskräcker werden gut vertragen.

Vorsorgeuntersuchungen vereinbaren. Je nach Alter stehen Krankenversicherten unterschiedliche gesetzlichen Leistungen zur Darmkrebs-Früherkennung (Dickdarmkrebs-Früherkennung) zu. Bei 50- bis 55-Jährigen erstatten die Krankenkassen einmal jährlich das Austasten des Dickdarms und den Stuhltest auf verborgenes Blut. Ab 55 Jahren besteht ein Anspruch auf entweder zwei Darmspiegelungen (die erste ab 55, die zweite 10 Jahre später) oder alle zwei Jahre auf einen immunologischen Stuhltest (i-FOBT) auf verborgenes Blut.

Weiterführende Informationen

  • www.krebshilfe.de – Informative Website der Deutschen Krebshilfe e. V., Bonn (Hrsg.): Unter der Rubrik Informieren finden Sie Broschüren und Ratgeber zum Thema, so den blauen Ratgeber Nr. 06: Darmkrebs. Kostenlos bei der Deutschen Krebshilfe zu bestellen oder herunterzuladen.
  • www.darmkrebs.de – Website der Felix Burda Stiftung, München: Schöner und übersichtlicher Internetratgeber zum Thema Darmkrebs. Es werden sämtliche Themen wie Diagnose, Behandlung, Nachsorge, Ernährung, soziale Aspekte behandelt.
  • www.ilco.de - Website für Menschen mit künstlichem Darmausgang, Darmkrebspatienten und deren Angehörige mit Veranstaltungsinformationen, Kontakt zu Selbsthilfegruppen und vielen hilfreichen Informationen.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Darmverschluss

Darmverschluss (Ileus): Teilweise oder vollständige Unterbrechung der Darmpassage, oft mit Bauchschmerzen, harter Bauchdecke und Erbrechen. Der Arzt unterscheidet den mechanischen Ileus, der auf eine Verlegung des Darminneren – z. B. infolge von Tumoren, Polypen oder Fremdkörpern – zurückgeht, von der Darmlähmung (paralytischer Ileus), bei der der Darm infolge anderer Erkrankungen (z. B. Bauchfellentzündung, Blinddarmentzündung) in seiner normalen Bewegung gelähmt ist. Ein Darmverschluss, gleich welcher Ursache, ist immer lebensbedrohlich und muss sofort behandelt werden. Die Sterblichkeit beträgt 10–25 %. Jede Zeitverzögerung verschlechtert die Prognose.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Akut einsetzende oder langsam zunehmende krampfartige Bauchschmerzen
  • Übelkeit und Erbrechen (eventuell sogar Stuhlerbrechen)
  • Angespannte Bauchdecke bei hochgradiger Blähung
  • Kein Stuhlgang und keine Blähungen
  • Aufstoßen.

Wann zum Arzt

Sofort den (Not-)Arzt rufen, wenn

  • starke bzw. zunehmende kolikartige Schmerzen im Bauchraum auftreten
  • Erbrechen hinzukommt
  • der Bauch außerdem gebläht ist, aber keine Winde abgehen
  • Zeichen einer weiteren (schweren) Erkrankung bestehen
  • Obige Symptome auftreten und eine chronische Erkrankung, wie z. B. Magen-Darm-Geschwüre, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Leistenbruch, Bauchspeicheldrüsenentzündung oder chronisches Nierenversagen, vorliegt.

Die Erkrankung

Mechanischer Darmverschluss (Mechanischer Ileus)

Verschiedene Ursachen haben eine Behinderung der Darmpassage und damit einen mechanischen Ileus zur Folge. Gut- oder bösartige Tumoren des Dünn- und Dickdarms, eine schwere Divertikulitis oder Morbus Crohn verlegen das Darminnere ebenso wie ein Fremdkörper, Würmer oder ein Gallenstein, der aus der Gallenblase in den Dünndarm gelangt ist. Auch ein Tumor, der von außen auf den Darm drückt, kann die Passage des Nahrungsbreis durch den Darm behindern. Narbige Verwachsungen nach Operationen führen zu einem Bridenileus, z. B. als Komplikation nach der Blinddarmoperation). Beim Strangulationsileus wird der Darm mechanisch durch Einstülpungen von Darmteilen oder Verdrehungen des Darms abgeknickt oder ein Darmabschnitt wird in einer Bruchpforte eingeklemmt. Wird die Blutversorgung dadurch unterbrochen, stirbt der betroffene Darmabschnitt ab.

Paralytischer Darmverschluss (Darmlähmung, paralytischer Ileus)

Eine Darmlähmung, die die Darmpassage massiv verlangsamt, tritt oft begleitend bei schweren entzündlichen Erkrankungen im Bauchraum auf, z. B. bei akuter Bauchspeicheldrüsenentzündung, Blinddarmentzündung, Gallenkolik, Nierenkolik, bei Durchblutungsstörungen des Darms (z. B. durch Verschluss einer Darmarterie) sowie bei einer Bauchfellentzündung nach Darmdurchbruch, Bauchoperationen oder Verletzungen. Ebenso können ein akutes Nierenversagen, eine chronische Niereninsuffizienz oder eine Behandlung mit Opiaten eine Darmlähmung zur Folge haben. Außerdem geht jeder unbehandelte mechanische Ileus früher oder später in eine Darmlähmung über.

Diagnosesicherung

Abhören des Bauchraums. Das Abhören des Bauchraums mit dem Stethoskop (Auskultation) gibt Hinweise auf die Art des Darmverschlusses. Bei einer Darmlähmung fehlen die typischen Darmgeräusche, weil keinerlei Darmbewegung vorhanden ist. Die mechanisch bedingte Form des Darmverschlusses verursacht hingegen laute Darmgeräusche, da der Darm versucht, mit kräftigen Bewegungen die Darmverengung zu überwinden. Beim Abtasten (Palpation) des Bauchs achtet der Arzt auf einen Leistenbruch, der den Verschluss verursacht haben könnte, sowie auf OP-Narben, die möglicherweise auf einen narbenbedingten Bridenileus hinweisen.

Druck-Test. Als Folge einer Reizung oder akuten Entzündung des Bauchfells ist die Bauchwand verhärtet und zeigt auf Druck eine schmerzhafte Abwehrspannung.

Tastuntersuchung. Bei der Tastuntersuchung des Enddarms wird dieser meist leer vorgefunden, da kein Darminhalt mehr transportiert wird.

Bildgebende Diagnostik. Im Bauchultraschall erkennt der Arzt erweiterte Darmschlingen und eventuell hin- und her pendelnde Darmbewegungen (Pendelperistaltik). Die Röntgen-Abdomen-Leeraufnahme zeigt aufgeblähte und mit Luft bzw. Verdauungsbrei gefüllte Darmschlingen (Spiegelbildung); die Verteilung dieser Brei-Luft-Spiegel erlaubt die Unterscheidung zwischen Dünn- und Dickdarmverschluss. Ergänzend werden manchmal Röntgenkontrastmittel-Untersuchungen und eine CT durchgeführt. Außerdem sind – auch vorbereitend für eine Operation – Blutuntersuchungen notwendig.

Behandlung

Mechanischer Ileus: Jeder mechanische Dickdarmverschluss führt unbehandelt zum Tod; er muss deshalb operativ beseitigt werden. Die Art der Operation hängt von der Ursache ab. Ein mechanischer Dünndarmileus lässt sich in leichten Fällen zunächst konservativ behandeln, häufig entscheidet sich der Arzt im Anschluss aber doch für eine Operation.

Paralytischer Ileus: Bei einer Darmlähmung hängt die Therapie von der Art der Ursache ab. So muss bei einem Darmarterienverschluss sofort operiert werden. Andere Formen der Darmlähmung sind z. B. die Folge einer Blinddarmentzündung, Gallenkolik oder Nierenkolik. Die Darmlähmung verschwindet von selbst, wenn die Ursache erfolgreich behandelt und damit beseitigt wurde. Hier dient die Behandlung vor allem dazu, den Kreislauf durch Ausgleich von Wasser- und Elektrolytverlusten zu stabilisieren. Der Arzt versucht zudem, die Darmbewegungen mit Arzneimitteln wie z. B. Neostigmin oder Metoclopramid wieder in Gang zu bringen. Außerdem legt der Arzt zum Ableiten von Magen-Darm-Inhalt eine Magensonde und behandelt die Schmerzen.

Operation. Die Operation hängt von der Ursache des Darmverschlusses ab. Bei einem Bridenileus lösen die Chirurgen die verwachsenen Narbenstränge, bei Tumoren entfernen sie zumeist den betroffenen Teilabschnitt des Darms, bei einem eingeklemmten Bruch steht eine Bruchoperation an. Manchmal ist die Darmpassage nicht mehr herstellbar, dann legen die Ärzte einen künstlichen Darmausgang an.

Prognose

Die Sterblichkeit bei einem Darmverschluss beträgt ~ 10–25 %; sie ist umso höher, je später die Behandlung einsetzt. Die Prognose beim mechanischen Ileus ist besonders gut, wenn frühzeitig operiert wird und kein Krebs als Ursache zugrunde liegt. Sind bereits Komplikationen, wie Bauchfellentzündung, Blutvergiftung oder akutes Nierenversagen eingetreten, ist die Prognose schlecht.

Ihr Apotheker empfiehlt

Da es sich beim Ileus um eine lebensbedrohliche Erkrankung handelt, sollte im Verdachtsfall sofort ein Arzt aufgesucht werden.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-WallisDr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Dickdarmpolypen

Dickdarmpolypen: Vorwölbung der Dickdarmschleimhaut in die Darmlichtung, d. h. in das Innere des Darms hinein. Die zunächst gutartigen, vom Drüsengewebe der Darmschleimhaut ausgehenden Tumoren (Adenome), können mit der Zeit bösartig entarten: Die Mehrzahl aller Dickdarmkrebse (Kolonkarzinome) entwickelt sich aus solchen Adenomen. Mehr als 50 % der Dickdarmpolypen befinden sich im Mastdarm. Etwa 10 % der Erwachsenen sind betroffen, die Häufigkeit steigt mit zunehmendem Alter. Polypen verursachen nur selten Symptome, sie werden oft zufällig bei einer Darmspiegelung entdeckt und dann grundsätzlich entfernt und feingeweblich untersucht.

Manchmal haben Patienten über 100 Polypen. Der Mediziner spricht dann von einer Polyposis intestinalis, ist die Polyposis erblich bedingt, von einer familiären adenomatösen Polyposis (FAP). Diesen Patienten wird in der Regel vorsorglich der ganze Dickdarm entfernt, weil sonst unweigerlich im Laufe ihres Lebens Darmkrebs auftritt.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Meist keine Beschwerden
  • In seltenen Fällen Blutungen bzw. Blutauflagerungen auf dem Stuhl, Durchfall/Verstopfung, Bauchschmerzen, Darmverschluss.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen bei

  • Blut im Stuhl
  • Wiederkehrenden Bauchschmerzen
  • Stuhlunregelmäßigkeiten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Polypen der Dickdarm- bzw. Mastdarmschleimhaut variieren stark in Gestalt und Größe. Es gibt gestielte, schlauchförmige Polypen, breitbasig aufsitzende, zottige Polypen und Mischformen. Sie sind zwar (zunächst) gutartig, doch entarten sie innerhalb von rund 10 Jahren sehr häufig zu einem Darmkrebs. Wodurch Dickdarmpolypen entstehen, ist unbekannt. Es gilt aber als sehr wahrscheinlich, dass eine fettreiche, ballaststoffarme Ernährung die Entstehung entscheidend begünstigt. Weitere Risikofaktoren sind

  • Rauchen, Alkoholmissbrauch
  • Übergewicht
  • Bewegungsmangel
  • Familiäre Veranlagung.

Klinik

Die meisten Dickdarmpolypen verursachen keine Beschwerden. Nur sehr selten kommt es zu Blutungen, die entweder sichtbar dem Stuhl aufgelagert oder so geringfügig sind, dass sie mit dem Auge nicht erkannt werden (okkulte Blutung). Große, breitbasig aufsitzende, zottenreiche (villöse) Adenome können größere Schleimmengen produzieren und dadurch zu Flüssigkeits- und Kaliumverlust führen. Generell ist es möglich, dass große Polypen die Nahrungspassage beeinträchtigen, zu Bauchschmerzen und selten sogar zum Darmverschluss führen.

Diagnosesicherung

Die meisten Dickdarmpolypen werden zufällig bei einer Untersuchung des Darms entdeckt.

Behandlung

Findet der Arzt bei einer Darmspiegelung Polypen, trägt er diese in der gleichen Sitzung endoskopisch mithilfe einer Zange oder Schlinge ab und lässt sie feingeweblich untersuchen. Gelingt es nicht, alle Polypen in einem Behandlungsschritt zu entfernen, erfolgt ein weiterer Eingriff. Bei größeren Polypen (besonders wenn sie flach und breitbasig der Darmschleimhaut aufliegen) ist unter Umständen eine Operation nötig, gegebenenfalls sogar mit teilweiser Entfernung des Dickdarms.

Da immer wieder neue Polypen entstehen können, wird zur Vorsorge eine endoskopische Kontrolluntersuchung alle 3 Jahre empfohlen.

Prognose

Prinzipiell können alle Polypen bösartig entarten und zu Darmkrebs werden. Das Risiko wird bei Polypen, die größer sind als 2 cm, auf etwa 50 % geschätzt. Da jedoch auch kleine Polypen entarten können, werden alle bei einer Darmspiegelung gefundenen Polypen sicherheitshalber entfernt.

Das Darmkrebsrisiko bei den vererbbaren Polyposis-Erkrankungen beträgt je nach Genmutation 80–100 %. Diese Patienten müssen engmaschig überwacht werden, in der Regel wird auch die vorsorgliche Entfernung des Dickdarms empfohlen.

Ihr Apotheker empfiehlt

Gehen Sie alle 3 Jahre zur Darmspiegelung, wenn Sie schon einmal Dickdarmpolypen hatten. Leben Sie darnmgesund, d. h.

  • bewegen Sie sich reichlich
  • ernähren Sie sich vollwertig und ballaststoffreich
  • halten Sie Maß mit Alkohol und Zigaretten, am besten, Sie hören ganz mit dem Rauchen auf
  • und versuchen Sie, vorhandenes Übergewicht abzubauen.

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Durchfallerkrankungen (Übersicht)

Durchfall (Diarrhoe): Täglich mehr als drei ungeformte, weiche bis dünnflüssige Stühle mit vermehrtem Volumen. Bei einer Dauer von weniger als 2 Wochen spricht der Arzt von akutem Durchfall, hält er länger an, von chronischem Durchfall.

Akuter Durchfall (akute Diarrhoe): Klingt in der Regel ohne ärztliches Eingreifen wieder von alleine ab; wird oft begleitet von weiteren Beschwerden wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Häufige Ursache ist eine infektiöse Darmerkrankung mit Viren, seltener mit Bakterien oder Parasiten, oder eine Lebensmittelvergiftung. Akut einsetzender Durchfall mit Blutbeimengungen (blutige Diarrhoe) weist auf schwere Magen-Darm-Infektionen hin, z. B. mit Shigellen oder Salmonellen. Höhere Dosen Laktobazillen führen in vielen Fällen zu einem raschen Abklingen und sollten bei geschwächten Personen erwogen werden.

Chronischer Durchfall (chronische Diarrhoe): Chronischer Durchfall ist in der Regel nicht-infektiös (nicht-infektiöse Durchfallerkrankung, nicht-infektiöse Enteritis) und ruft eigenständige Krankheitsbilder hervor, die an anderer Stelle ausführlich besprochen werden. So ist er meist Zeichen eines Reizdarms oder einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, tritt aber mitunter auch als eigenständige psychosomatische Reaktion auf psychische Belastungssituationen auf sowie bei Nahrungsmittelunverträglichkeit (Nahrungsmittelallergie) oder anderen Erkrankungen, bei denen der Körper Nahrungsmittelbestandteile nicht richtig verwerten kann.

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Künstlicher Darmausgang

Bösartige Darmerkrankungen wie Darmkrebs oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen machen oft die Anlage eines künstlichen Darmausgangs (Anus praeter, Enterostoma) notwendig, vor allem, wenn Darmabschnitte durch die Erkrankung verlegt sind oder operativ entfernt werden müssen und deshalb der Nahrungsbrei nicht mehr seinen natürlichen Weg nehmen kann. Der Arzt unterscheidet das Ileostoma, das vom Dünndarm nach außen mündet, vom Kolostoma, das vom Dickdarm nach außen führt. Die Ausscheidungen werden an der Körperoberfläche in Beuteln gesammelt. Es gibt Einmalbeutel (Stomabeutel) und Ausstreifbeutel. Da sich das Ileostoma im Dünndarmbereich befindet, muss der Betroffene mit häufigeren und dünnflüssigeren Ausscheidungen im Tagesverlauf rechnen. Hier bietet sich ein Ausstreifbeutel an, der nicht jedes Mal gewechselt werden muss. Bei einem Kolostoma mit Ausgang im Dickdarmbereich ist pro Tag mit maximal drei Ausscheidungen zu rechnen. Daher ist in diesem Fall ein geschlossener Einmal-Beutel geeignet, der nach jeder Ausscheidung gewechselt wird.

Jede operativ geschaffene Verbindung eines Hohlorgans zur Körperoberfläche wird als Stoma bezeichnet. Dazu gehören das Stoma zur Ableitung von Harn (künstliche Harnableitung, Urostoma), das z. B. oft bei Patienten mit Harnblasenkrebs angelegt werden muss, oder das Tracheostoma, das nach der Kehlkopfentfernung die Verbindung zwischen Luftröhre und äußerem Hals darstellt.

Selbsthilfe

Mit einem künstlichen Darmausgang geht für jeden Patienten ein Stück Normalität verloren. Neben der oft unheilbaren Krankheit stellt das Stoma selbst eine große psychische Belastung dar. Es stürzt selbst stabile Charaktere in ein Wechselbad der Gefühle. Oft hilft es daher, sich schon vor der Operation mit anderen Betroffenen auszutauschen.

In medizinischen Fachgeschäften sind verschiedene Hilfsmittel erhältlich, die das Leben mit einem Stoma erleichtern. Kohlefilter absorbieren Geruchsstoffe, die z. B. durch Darmgase entstehen. Patienten mit Kolostoma und einer regelmäßigen Darmentleerung können das Stoma mit einer Stomakappe abdecken und so tagsüber für längere Zeit auf den Stomabeutel verzichten. Mithilfe einer täglichen Kolonspülung lässt sich die Darmfunktion so regulieren, dass am Tage die Abdeckung des Stomas mit einer Kappe oft möglich ist. Um das Festkleben des Beutels nicht zu beeinträchtigen, ist die Benutzung von Salben oder fetthaltigen Cremes rund um das Stoma ungeeignet. Beim Waschen sollten stets frische Waschlappen verwendet werden, damit keine Keime aus der Stoma-Umgebung verbreitet werden.

Speziell ausgebildete Fachberater für Stomatherapie (Stomatherapeuten) können bei der Stoma-Eingewöhnung und bei hartnäckigen Ernährungs- und Pflegeproblemen helfen.

Für Stomapatienten gibt es keine spezielle Diät. Dennoch kommt es vor, dass sie gelegentlich mit Durchfall, Verstopfung und Blähungen konfrontiert sind, die mit ihren gurgelnden Geräuschen vor allem in der Öffentlichkeit äußerst störend sind. Auch hier ist es wichtig, herauszufinden, welche Ernährung günstig ist und auf welche Speisen Sie verzichten sollten. Dabei hilft es, über längere Zeit ein Ernährungstagebuch zu führen und aufzuschreiben, welche Nahrungsmittel Sie gut vertragen und welche zu Blähungen führen. Die modernen Stoma-Systeme sind mit einem Kohlefilter ausgestattet, der Gerüche neutralisiert, so dass Blähungen sich nur durch ihr Geräusch äußern.

Es ergeben sich meist Einschränkungen im Speiseplan, so dass Sie von einer abwechslungsreichen und vollwertigen Kost häufig Abstriche machen müssen. Gerade die gesunden, faserreichen Nahrungsmittel wie rohes Obst und Gemüse, Salate und Vollkornprodukte können Blähungen, Verstopfung und schlimmstenfalls einen Darmverschluss auslösen.

Ansonsten ist ein Stoma kein Hindernis: Duschen und Baden sind problemlos möglich, da die Systeme im Wasser fest haften und selbst dem Schwimmen und Tauchen steht ein Stoma nicht im Weg. Abgesehen von Kampfsportarten ist jeder Sport erlaubt, und es gibt kaum eine berufliche oder private Tätigkeit, die nicht ausgeübt werden darf. Darüber hinaus gibt es nicht nur eine Reihe von Hilfsmitteln, sondern auch spezielle Kleidung für Stomaträger. Wenn dennoch Probleme auftauchen sollten, stehen jederzeit Stomaberater zur Verfügung. Adressen in der Nähe des Wohnorts finden Sie im Internet.

Weiterführende Informationen

  • www.stoma-welt.de – Private Website, Sprendlingen: Portal für Menschen mit einem künstlichen Darmausgang oder einer künstlichen Harnableitung , bietet Informationen, Links, Chat und Forum.
  • www.ilco.de – Website der Deutschen ILCO e. V., Bonn: Richtet sich an Menschen mit einem künstlichen Darmausgang und an „Stomaträger“. Bietet zahlreiche Informationen, Adressen von Beratungsstellen, Veranstaltungstermine und Links.

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Lebensmittelvergiftung und infektiöser Durchfall

Infektiöse Durchfallerkrankungen (infektiöse Gastroenteritiden, umgangssprachlich auch Magen-Darm-Grippe oder Brechdurchfall genannt): Vorwiegend durch Viren und Bakterien, seltener durch Parasiten verursachte Magen-Darm-Entzündung mit starken Durchfällen, oft auch mit Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.

Lebensmittelvergiftung: Durch Giftstoffe bakteriell verdorbener Lebensmittel verursachter Durchfall.

Durchfallerreger werden meist über kontaminierte Nahrungsmittel oder direkten Kontakt mit Erkrankten übertragen. Die meisten Betroffenen werden auch ohne Therapie wieder gesund – wichtig ist vor allem, dass Flüssigkeitsverluste und Mineralstoffe ausgeglichen werden. Das gilt in besonderem Maße für Säuglinge, Kleinkinder und alte Menschen.

Kommt noch hohes Fieber dazu oder ist der Durchfall blutig, ist manchmal eine Behandlung mit Antibiotika notwendig, beispielsweise bei Nachweis einer Salmonellen-Infektion.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Mehrmals täglich Entleerung von ungeformtem, weichem bis wässrigem Stuhl
  • (Krampfartige) Bauchschmerzen
  • Eventuell Übelkeit und Erbrechen
  • Gelegentlich Fieber
  • Eventuell Beimischung von Schleim, Blut oder Eiter zum Stuhl.

Wann zum Arzt

Am nächsten Tag, wenn

  • der Durchfall länger als drei Tage dauert.

Heute noch, wenn

  • ausgeprägte Schwäche oder Schwindel bestehen oder es zu einem Kollaps gekommen ist.
  • der Durchfall blutig oder eitrig ist und hohes Fieber hinzukommt (über 39 °C).
  • nach einer Fernreise starker Durchfall auftritt.

Die Erkrankungen

Überblick: Infektiöser Durchfall

Bei infektiösen Durchfallerkrankungen gelangen krankmachende Viren, Bakterien, Parasiten oder (sehr selten) Pilze durch Schmierinfektion oder den Verzehr verunreinigter Lebensmittel in den Darm. Typisch für diese Infektionen ist der sekretorische Durchfall, bei dem vermehrt wasserziehende Substanzen in den Darm abgegeben werden. Fließt Körperwasser passiv in den Darm nach, verflüssigt sich der Darminhalt und Durchfall entsteht. Besonders gefährlich ist der Flüssigkeitsverlust für Kinder und ältere Menschen: durch den hohen Flüssigkeitsverlust trocknen diese so stark aus, dass ein Kreislaufkollaps droht.

Häufig unterschätzt wird, wie schnell infektiöser Durchfall übertragen wird. Betroffene scheiden die Erreger massenhaft mit dem Stuhl aus und geben sie über kleinste Stuhlreste an den Händen weiter, z. B. beim Händeschütteln (Schmierinfektion). Viele Durchfallerreger sind auch außerhalb des menschlichen Körpers sehr stabil, bleiben an Türgriffen, Armaturen oder gemeinsam genutzten Handtüchern haften und werden so auf andere Personen übertragen. Deshalb ist gründliches Händewaschen bei Durchfallerkrankungen oberstes Gebot!

Virusbedingte Durchfallerkrankung

Virusbedingte Durchfallerkrankung (Virale Gastroenteritis). Viren wie Rota- oder Noroviren sind die häufigste Ursache infektiöser Durchfälle, z. B. verursachen Rotaviren 70 % der Durchfälle bei Kindern. Der Durchfall wird oft begleitet von Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Viele Patienten haben zudem eine leicht erhöhte Körpertemperatur. Viral bedingte Durchfälle sind bei uns meist harmlos, in Entwicklungsländern mit schlechter medizinischer Versorgung jedoch eine wesentliche Ursache für eine hohe Kindersterblichkeit.

Besonders ansteckend sind Noroviren. Bereits kleinste, für das Auge unsichtbare Mengen an virushaltigen Substanzen reichen für eine Ansteckung aus. Angehörige und Pfleger können sich deshalb schon über Tröpfchen in der Luft infizieren, z. B. wenn sich Patienten schwallartig erbrechen. Wer sich um Betroffene kümmert, trägt bestenfalls Mund- und Nasenschutzmasken.

Bakterielle Durchfallerkrankung

Bakterielle Durchfallerkrankungen (Bakterielle Gastroenteritiden) treten seltener auf als virusbedingte Durchfälle. Dafür ist das Krankheitsbild oft schwerer:

  • Salmonelleninfektion (Salmonellenenteritis, Salmonellose): Salmonellen-Bakterien verursachen Brechdurchfälle, Bauchkrämpfe und Fieber und sind in unseren Breitengraden die häufigsten Erreger bakterieller Darmerkrankungen. Typische Ansteckungsquellen sind nicht ausreichend erhitzte tierische Lebensmittel, z. B. rohe oder nur weich gekochte Eier und Eierspeisen (z. B. Tiramisu), rohes oder nicht ausreichend erhitztes Geflügelfleisch, Muscheln oder Hackfleisch. Während die Erreger bei ausreichend langem Erhitzen (mindestens 70 °C oder 50 °C über 1 Stunde) abgetötet werden, halten sich die Erreger bei niedrigen Temperaturen sehr lange, selbst in der Tiefkühltruhe. Besonders gefährlich sind Salmonellen für Kinder und ältere Menschen: durch den hohen Flüssigkeitsverlust trocknen diese so stark aus, dass ein Kreislaufkollaps droht.
  • E.-coli-Bakterien. Einige Durchfallerreger können besonders gefährlich verlaufen, weil sie im Darm Giftstoffe produzieren, die sogenannten Enterotoxine. Häufige Vertreter dieser toxinbildenden Bakterien sind:

  • enterohämorrhagische E.-coli-Bakterien (EHEC). Nicht immer verursachen EHEC-Infektionen Beschwerden. Personen, die die Erreger in sich tragen, aber keine Symptome entwickeln, sind neben rohem Fleisch und Rohmilchprodukten typische Ansteckungsquellen. Einen gefährlichen Verlauf nimmt EHEC vor allem bei Kleinkindern, älteren Menschen und immungeschwächten Personen. Diese leiden dann an (blutig-)wässrigen Durchfällen, starken Bauchschmerzen und Fieber. Eine gefürchtete Komplikation ist das Hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das zur Auflösung der roten Blutkörperchen und zu schweren Blutungen bis hin zum akuten Nierenversagen, führen kann. HUS endet sogar bei rechtzeitiger Therapie in 2 % der Fälle tödlich.
  • enterotoxinbildende E.-coli-Bakterien (ETEC) sind für etwa 40 % der Reisedurchfallerkrankungen verantwortlich. Wie gefährlich eine Infektion mit ETEC ist, hängt davon ab, wie viele der pathogenen Bakterien sich im Darm befinden. Je höher die Anzahl der Erreger ist, umso mehr Giftstoffe werden produziert. In der Folge drohen Langzeitkomplikationen wie Nierenschäden und dadurch Bluthochdruck.

Parasitäre Durchfallerkrankungen

  • Parasitäre Durchfallerkrankungen (parasitäre Gastroenteritiden, PGE): In den Tropen wird jedes Kind damit groß – bei uns sind sie glücklicherweise seltener. Zu den häufigeren Erregern gehören:
  • Giardien (Giardiasis, Lamblienenteritis): Die Einzeller sind zwar v. a. in den Tropen verbreitet, sind prinzipiell jedoch überall auf der Welt zu finden und werden fäkal-oral übertragen. Die Krankheit ist zudem eine Zoonose, kann also vom Tier auf den Menschen übertragen werden (z. B. Katzen, Rinder). Eine Infektion kann völlig symptomlos verlaufen, aber auch starke Bauchschmerzen, Fieber und Durchfälle verursachen.
  • Amöben-Ruhr. Nur wenige Amöben-Arten verursachen gesundheitliche Probleme. Die teilweise schwer verlaufende Amöbenruhr wird nur von den eher seltenen Entamoeba histolytica ausgelöst. Als Infektionsquelle kommen v. a. mit Fäkalien verschmutztes Trinkwasser oder Lebensmittel infrage. Eine Sonderstellung nimmt die invasive Form der Amöbenruhr ein: dabei wandern Zwischenstadien der Amöben (Trophozoiten) vom Darminnenraum in den Körper aus und verursachen Dickdarmgeschwüre und Abszesse in der Leber.

Lebensmittelvergiftungen

  • Bei Lebensmittelvergiftungen wird der Durchfall nicht durch Krankheitserreger selbst verursacht, sondern durch deren Giftstoffe (Toxine). Diese werden von den Bakterien gebildet und vom Menschen mit verdorbenen Lebensmitteln aufgenommen. Häufige Bakterienvertreter sind Staphylococcus aureus, Bacillus cereus und Clostridium perfringens. Der Verdacht auf eine Lebensmittelvergiftung liegt nahe, wenn die Beschwerden plötzlich auftreten (nach 1–16 Stunden) und mehrere Personen gleichzeitig erkranken, nachdem die gleichen Speisen verzehrt wurden. Typische Beschwerden sind Übelkeit, heftiges Erbrechen, Durchfälle und Bauchkrämpfe, Fieber fehlt meistens. Nach 1 bis 2 Tagen bilden sich die Symptome in der Regel zurück.

Sehr selten, aber lebensgefährlich sind Lebensmittelvergiftungen durch das Gift des Bakteriums Clostridium botulinum, dem Botulinumtoxin. Schon nach der Aufnahme von geringsten Mengen führt es nach anfänglichem Erbrechen und Durchfall zu neurologischen Ausfällen wie Schluck-, Sprach- und Sehstörungen, vor allem Doppeltsehen. In schwersten Fällen führt die Vergiftung zu Atemlähmung und zum Tod (Botulismus). Ansteckungsquelle sind unzureichend sterilisierte bzw. nicht luftdicht verpackte Konserven oder Weckgläser mit Geräuchertem oder Wurst, teilweise gut zu erkennen an aufgeblähten Deckeln.

Diagnosesicherung

Meist genügt dem Arzt eine gründliche Anamnese, die klinische Untersuchung, um eine Diagnose zu stellen. Eine mikrobiologische Stuhldiagnostik und/oder eine Blutuntersuchung auf bestimmte Durchfallerreger wird nur in speziellen Fällen empfohlen, z. B. bei

  • Schwerem Krankheitsbild, Fieber
  • Blutigem Stuhl
  • Reiseanamnese (d. h., wenn der Patient im Ausland war)
  • Personen aus Gemeinschaftseinrichtungen und lebensmittelverarbeitenden Betrieben
  • Verdacht auf epidemisches Auftreten.

Behandlung

Auf Basis der klinischen Untersuchung sowie des Gesamteindrucks entscheidet der Arzt, ob der Kranke sich selbst behandeln kann, ob er (weitere) Arztbesuche benötigt oder ob eine Einweisung in ein Krankenhaus notwendig ist. Dies ist ratsam bei blutigem oder eitrigem Durchfall, hohem Fieber und schwerer Beeinträchtigung des Allgemeinzustands. Auch bei Säuglingen und Kleinkindern ist der Ersatz von Flüssigkeit und Mineralstoffen oft nur in Form einer Infusionstherapie in der Klinik möglich.

Therapie zu Hause

Ist eine Behandlung zu Hause vertretbar, besteht diese vor allem in der Zufuhr von Flüssigkeit und Mineralstoffen (mehr zur häuslichen Flüssigkeits- und Aufbautherapie unten). Außerdem verordnet der Arzt bei sehr starkem Erbrechen Medikamente gegen den Brechreiz (Antiemetika). Für bestimmte Notfälle, z. B. wenn ein Flug ansteht, empfiehlt der Arzt eventuell Motilitätshemmer wie Loperamid. Diese hemmen zwar die Bewegung des Darms und damit den Durchfall – sie verlangsamen damit aber auch die Ausscheidung der Durchfallerreger und verlängern den Heilungsprozess.

Stationäre Therapie

Die stationäre Therapie konzentriert sich wegen der zunächst fehlenden genauen Diagnose ebenfalls auf den notwendigen Ersatz von Flüssigkeit und Mineralstoffen, meist in Form fertiger Salzlösungen zum Trinken (z. B. Elotrans®), manchmal auch als Elektrolytlösungen über eine Infusion. Zur Kontrolle ordnet der Arzt auch wiederholt Blutuntersuchungen zur Prüfung der Elektrolyte und des Hämatokrits an. Oft wird aber schon vor Erhalt der mikrobiologischen Untersuchungsergebnisse ein Antibiotikum als Infusion gegeben. Sobald die Ergebnisse der mikrobiologischen Blut- und Stuhlproben vorliegen, passt der Arzt die Therapie ggf. an.

Meldepflicht

Infektiöse Gastroenteritiden gehören zu den meldepflichtigen Erkrankungen. Ist z. B. eine Person betroffen, die in einer Gaststätte, Küche oder in der lebensmittelverarbeitenden Industrie beschäftigt ist, muss der Arzt schon den Verdacht auf eine Lebensmittelvergiftung oder infektiöse Gastroenteritis an das Gesundheitsamt weitergeben. Melden muss der Arzt auch, wenn bestimmte Erreger nachgewiesen werden. Zu den meldepflichtigen Erregern gehören z. B.:

  • Rotavirus
  • Norovirus
  • bestimmte E-coli-Bakterien
  • Salmonellen
  • Shigellen.

Prognose

In den meisten Fällen heilen infektiöse Durchfallerkrankungen unter Schonung, Flüssigkeitsersatz und Aufbaukost gut aus. Wichtig ist aufgrund der größeren Austrocknungsgefahr der schnelle Flüssigkeitsersatz vor allem bei alten Menschen und bei Kindern.

Bei der zum Glück sehr seltenen Lebensmittelvergiftung mit Botulinumtoxin liegt die Sterblichkeit der intensivmedizinisch betreuten Patienten bei unter 10 %. Unbehandelt versterben allerdings bis zu 70 % der infizierten Patienten.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Viel Trinken. Wer Durchfall hat, muss viel trinken, um den Verlust an Wasser und Salzen auszugleichen. Empfehlenswert sind Teezubereitungen aus getrockneten Heidelbeeren, Brombeer- oder Himbeerblättern. Sie enthalten Gerbstoffe, die sich schützend auf die Darmschleimhaut legen. Ebenso eignen sich verdünnter Kamillen- oder Pfefferminztee. Eine Alternative ist zuckerhaltige Limonade, die mit Wasser verdünnt ist. Für schwerere Durchfälle sind Salz-Zucker-Lösungen jedoch die bessere Alternative. Einfach selbst herzustellen ist die Trinklösung der Weltgesundheitsorganisation (WHO-Trinklösung): dabei mischt man einen Liter Wasser mit 13,5 g Glukose, 2,9 g Natriumcitrat, 2,6 g Natriumchlorid und 1,5g Kaliumchlorid. Gerade für Reisen eignet sich auch fertiges Granulat aus der Apotheke.

Medizinische Kohle (Kohle-Compretten®-Tabletten, Kohle-Hevert®-Tabletten). Durch die Einnahme von Aktivkohle werden dem Körper schädliche Substanzen (z. B. Bakterien, Giftstoffe) entzogen und mit dem Stuhl ausgeschieden. Ihre Wirksamkeit wird von der Schulmedizin teilweise angezweifelt, viele Betroffene haben aber gute Erfahrungen damit gemacht.

Hinweis: Bei Einnahme von medizinischer Kohle (Aktivkohle) reduziert sich die Wirkung vieler oral eingenommener Medikamente, z. B. auch die von Antibiotika und auch die der "Pille". Im Zweifelsfall ist der Arzt zu befragen, ob eine Einnahme sinnvoll und vertretbar ist.

Nahrungskarenz. Ob es im akuten Stadium zweckmäßig ist, ganz auf das Essen zu verzichten, ist umstritten. Für eine vorübergehende Nahrungskarenz spricht, dass die geschädigte Darmschleimhaut nicht zusätzlich gereizt wird. Am besten richten Sie sich nach Ihrem Appetit: Wenn Ihnen der Gedanke ans Essen Unwohlsein bereitet, essen Sie nicht. Haben Sie jedoch Hunger, wenden Sie die BRAT-Diät an mit Bananen, Reis, Apfelmus und Toast.

Keine Milchprodukte. Meiden Sie Milchprodukte. Bei Durchfall ist die Wirksamkeit des milchzuckerspaltenden Enzyms oft eingeschränkt, sodass vorübergehend Symptome von Milchunverträglichkeit auftreten können.

Aufbaukost. Verspüren Sie wieder Appetit, ist eine leichte Aufbaukost empfehlenswert. Geeignet sind hierzu z. B. Gemüsebrühe, Reisschleim, aber auch Salzstangen, Kräcker oder Zwieback. Für den Reisschleim kochen Sie zwei Esslöffel Reis in einem Liter leicht gesalzenem Wasser so lange, bis sich ein dünner Schleim gebildet hat. Nun fügen Sie zwei Esslöffel Haferflocken hinzu und kochen das Ganze weitere 15  Minuten lang. Anschließend lassen Sie den Reisschleim abkühlen und verzehren ihn dann langsam in kleinen Portionen über den Tag verteilt.

Hygiene. Um andere nicht zu infizieren, ist strikte Hygiene angesagt. Das bedeutet gründliches Händewaschen nach jedem Toilettengang und nach der Pflege eines Erkrankten. Entfernen Sie Erbrochenes mit Handschuhen und waschen Sie Bettwäsche, Handtücher und Schlafanzügen am besten bei 60 °C, um Krankheitserreger abzutöten.

Prävention

Ansteckung. Manche Erreger werden sogar noch ausgeschieden, wenn sich der Betroffene selbst gar nicht mehr krank fühlt. Das ist vor allem bei Noroviren und EHEC der Fall. Achten Sie deshalb nach infektiösen Durchfallerkrankungen lieber noch ein paar Tage länger auf eine penible Händehygiene.

Zu Hause. Aufmerksamkeit für Hygiene und Haltbarkeit sind auch bei der Zubereitung und Lagerung von Nahrung das A und O im Kampf gegen infektiöse Durchfallerkrankungen. Fleisch, Geflügel und Eier sollten ausreichend lange und bei hohen Temperaturen gegart werden. Salmonellen überstehen Tiefkühltemperaturen; daher muss Tiefkühlgeflügel und -fleisch vor der Zubereitung sorgfältig gewaschen und alle Gegenstände, die damit in Berührung kommen, gründlich gesäubert werden.

Verzichten Sie weitgehend auf rohes oder halb gegartes Fleisch, auf rohen Fisch und rohe Meeresfrüchte, auf rohe oder nur weich gekochte Eier, auf Speisen, die mit rohen Eiern zubereitet werden (z. B. Tiramisu), sowie auf Konserven mit aufgetriebenem Dosendeckel.

Impfung. Da Rotaviren die häufigste Ursache von Magen-Darm-Infektionen bei Kindern unter fünf Jahren sind, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Rotavirus-Impfung bei Säuglingen. Diese wird als Schluckimpfung gegeben, die Impfserie sollte im Alter von sechs bis zwölf Wochen beginnen und je nach Impfstoff bis zur vollendeten 24. oder 32. Lebenswoche beendet sein. Die Impfung kann zusammen mit anderen Standardimpfungen des Säuglingsalters erfolgen.

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Gegen Durchfall helfen getrocknete Heidelbeeren, auch als Teeaufguss. Sie enthalten viele Gerbstoffe, die sich schützend auf die Darmschleimhaut legen. Ähnlich wirkt Tee aus Brombeerblättern oder Schwarztee.

Die Pflanzenheilkunde empfiehlt standardisierte Trockenextrakte, beispielsweise aus Apfel-Pulver (Aplona®-Apfel-Pulver), Blutwurz (Blutwurz-ratiopharm-® Kapseln) oder Eichenrinde (z. B. Traxaton®-Tabletten).

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und Nahrungsmittel-Allergien

Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Nahrungsmittelallergien (Lebensmittelallergien): Reaktionen wie Juckreiz, Ausschläge, Atemnot oder auch Bauchschmerzen und Durchfälle nach Verzehr bestimmter Nahrungsmittel. Die Ursachen sind entweder eine echte Allergie, eine pseudoallergische Reaktion oder Störungen im Verdauungsbereich wie der Mangel an bestimmten Verdauungsenzymen.

Nahrungsmittelallergien treten bei bis zu 5 % der Bevölkerung auf, am häufigsten im Kleinkindalter; Frauen und Mädchen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer und Jungen. Die Allergien lösen sowohl am Magen-Darm-Trakt Beschwerden aus, als auch an der Haut, den Atemwegen und dem Kreislaufsystem. Wenn es gelingt, das Allergen zu identifizieren und zu meiden, kann die Nahrungsmittelallergie bei Kindern in bis zu 50 % und bei Erwachsenen in bis zu 30 % der Fälle wieder völlig verschwinden.

Nahrungsmittelunverträglichkeiten aufgrund von Enzymmangel werden auch Nahrungsmittelintoleranzen genannt. Ein Beispiel dafür ist die Laktoseintoleranz, bei der Betroffene keinen Milchzucker vertragen. Werden die jeweiligen Nahrungsmittel gemieden, treten keine Beschwerden auf.

Symptome und Leitbeschwerden

Allergien und Pseudoallergien:

  • Hautausschlag, mit 50 % am häufigsten
  • Juckreiz und pelziges Gefühl an Lippen und Gaumen, seltener Bauchschmerzen, Erbrechen oder Durchfall (20 %)
  • Allergischer Schnupfen, Atemnot bei Schwellung des Rachens oder Verengung der Bronchien (20 %)
  • Bei schweren akuten Reaktionen: Pulsanstieg und Blutdruckabfall mit Schwäche, Schwindel, kaltschweißiger Haut bis zum allergischen Kreislaufschock.

Enzymmangel:

  • Durchfall
  • Bauchkrämpfe
  • Blähungen (besonders nach Milchgenuss).

Wann zum Arzt

In den nächsten Wochen, wenn

  • auf bestimmte Nahrungsmittel immer wieder mit einer oder mehreren der oben genannten Beschwerden reagiert wird, z. B. Ausschlag, Erbrechen oder Durchfall.

Sofort den (Not-)Arzt rufen, wenn

  • nach einem Essen Atemnot, Schweißausbruch, Schwäche, Schwindel und/oder Bewusstseinsstörungen auftreten!

Die Erkrankung

Es gibt viele verschiedene Ursachen, warum ein Betroffener ein Lebensmittel oder einen Bestandteil nicht verträgt. Darum werden beim Thema Nahrungsmittelallergie oder -unverträglichkeit die Bezeichnungen oft missverständlich angewendet und durcheinandergeworfen.

Nahrungsmittelallergien

Bei einer echten Nahrungsmittelallergie bildet der Organismus Antikörper gegen Bestandteile der Nahrung (= Antigen). Lagern sich Antigen und Antikörper zu einem Immunkomplex zusammen, wird Histamin freigesetzt. Histamin wiederum verursacht die typischen allergischen Symptome wie Schwellung, Rötung und Juckreiz. Gefährlich wird die Situation, wenn allergische Reaktionen so stark sind, dass es zu Atemnot und allergischem Kreislaufschock kommt.

Auslöser. Die häufigsten Allergene, also Nahrungsmittel oder -bestandteile, die eine echte Nahrungsmittelallergie verursachen, sind Milch, Eier, Fische und Schalentiere, aber auch Soja, Nüsse, verschiedene Obst- und Gemüsesorten und Mehle. Zu den Nahrungsmittelallergien gehört z. B. auch die Weizenallergie. Oft leiden die Betroffenen zusätzlich an Pollenallergien, die dann über Kreuzreaktionen Nahrungsmittelallergien auslösen.

Pseudoallergie

Bei Pseudoallergien verursachen unterschiedliche Substanzen eine direkte Histaminfreisetzung, ohne dass das Immunsystem beteiligt ist. Die Symptome sind allerdings die gleichen.

Auslöser. Die wichtigsten Auslöser einer pseudoallergischen Reaktion sind in Nahrungsmitteln enthaltene Substanzen wie

  • Histamin (Sauerkraut, Käse, Rotwein)
  • Serotonin (Bananen, Walnüsse)
  • Tyramin (Käse, Fisch, Tomaten, Avocados, Wein, Hefe, Bananen)
  • Phenyläthylamin (Schokolade)
  • Lebensmittelzusätze Tartrazin, Benzoesäure und Sulfit
  • natürlich vorkommende Sulfite (Bier, Wein)
  • Salycilate (Obst und Kartoffeln)
  • Glutamat (Geschmacksverstärker, vor allem in der chinesischen Küche).

Nahrungsmittelunverträglichkeiten durch Enzymmangel

Neben Allergie und Pseudoallergie führt auch ein Mangel an bestimmten Verdauungsenzymen zur Nahrungsmittelunverträglichkeit (Nahrungsmittelintoleranz). Der Enzymmangel ist entweder angeboren oder entsteht durch Schädigung der Darmschleimhaut.

Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz). Die Milchzuckerunverträglichkeit ist ein weit verbreitetes Phänomen, das mit zunehmendem Alter häufiger auftritt. So leiden bis zu 15 % der Erwachsenen in Europa an einem angeborenen Mangel des Enzyms Laktase. Laktase spaltet im Darm Milchzucker (Laktose) in seine zwei Zuckerbestandteile Glukose und Galaktose. Diese werden dann von der Dünndarmschleimhaut aufgenommen und zur weiteren Verarbeitung vom Blut in die Leber transportiert. Fehlt die Laktase, gelangt der nicht aufgespaltene Milchzucker unverdaut in den Dickdarm. Dort wird er von den Darmbakterien in Milchsäure, Kohlendioxid und Wasserstoff abgebaut, was Durchfall, Blähungen und krampfartige Schmerzen verursacht.

Auch Erkrankungen des Dünndarms mit Schädigung der Schleimhaut (wie z. B. bei der Zöliakie) führen dazu, dass Laktose nicht richtig verdaut und aufgenommen wird und stattdessen im Dickdarm zu Blähungen und Durchfall führt.

Neben der häufigen Milchzuckerunverträglichkeit gibt es noch andere, seltenere Enzymmangelkrankheiten, bei denen die verminderte Verdauung von Galaktose, Fruktose, Sorbit u. a. zu ähnlichen Beschwerden führt.

Bei der angeborenen Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktoseintoleranz) ist die Leber durch einen Enzymmangel nicht in der Lage, den durch Früchte und Fruchtsäfte aufgenommenen Fruchtzucker (Fruktose) abzubauen. Es kommt schon im Säuglingsalter nach dem Abstillen und den ersten Mahlzeiten mit Früchten oder Fruchtsäften zu schweren Unterzuckerungen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und zu schweren Nieren- und Leberschäden. Die Betroffenen meiden im Kleinkindalter instinktiv alle fruchtzuckerhaltigen Nahrungsmittel.

Zu Blähungen, Durchfällen und Bauchschmerzen nach dem Verzehr von Obstsäften und Früchten kommt es auch bei der Fruktosemalabsorption (d. h. der verminderten Aufnahme von Fruktose über die Darmschleimhaut). Hier ist der Transportmechanismus durch die Darmschleimhaut gestört.

Die Galaktoseunverträglichkeit (besser Galaktosämie) ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung, bei der gleich 3 verschiedene Enzyme für den Abbau der Galaktose fehlen können. Galaktose wird im Darm von Laktose abgespalten und kommt daher sowohl in Muttermilch als auch in Kuhmilch vor. Betroffene Säuglinge reagieren ab der ersten Fütterung mit Durchfällen, Erbrechen und Gewichtsabnahme. Durch Ansammlung der nicht abgebauten Galaktose können schon wenige Wochen nach der Geburt Leberschäden und Linsentrübung entstehen, langfristig droht eine Intelligenzminderung durch Ablagerung der nicht abbaubaren Galaktose im Gehirn. Deswegen werden Neugeborene direkt nach der Geburt auf eine Galaktosämie getestet (Neugeborenen-Screening). Ist der Test positiv hilft nur eine sofortige lebenslange galaktosefreie Diät, unter der sich die Kinder dann ganz normal entwickeln.

Neben dieser angeborenen Störung entstehen Galaktoseunverträglichkeiten auch dann, wenn die Darmschleimhaut durch eine Erkrankung geschädigt und die Aufnahme der Galaktose dadurch gestört ist. Diese Unverträglichkeit führt aber nur zu Darmsymptomen wie Blähungen und Durchfall.

Weizenallergie, Zöliakie und Weizensensitivität

Bei diesen drei Nahrungsmittelunverträglickeiten reagiert der Körper auf Weizenbestandteile.

  • Bei der Weizenallergie sind die Eiweißbestandteile des Weizens wie Weizenalbumin, -globulin und das Klebereiweiß Gluten die auslösenden Allergene. Zusätzlich zu Verdauungsbeschwerden können Beschwerden außerhalb des Magen-Darm-Traktes auftreten, zum Beispiel Kopfschmerzen, chronische Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen. Besonders schwer trifft die Weizenallergie Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose. Studien zufolge verstärken sich deren Symptome durch die Weizenproteine. Die Therapie besteht aus dem ein- bis zweijährigen Verzicht auf Weizen und verwandte Getreidesorten wie Dinkel und Grünkern. Tritt die allergische Reaktion danach erneut auf, muss der Patient evtl. lebenslang auf diese Nahrungsmittel verzichten. In akuten Fällen mildert Kortison die Symptome.
  • Die [einheimische] Sprue oder Zöliakie, auch glutensensitive Enteropathie genannt, beruht auf einer autoimmunen Reaktion auf das in vielen Getreidesorten vorkommende Gluten (Klebereiweiß). Bei den Betroffenen kommt es zu einer schweren Darmentzündung, sodass der Darm schließlich keine Nährstoffe mehr aufnehmen kann. Die Folge sind Malabsorptionszeichen (mangelhafte Versorgung mit Nährstoffen) wie Durchfall und Gewichtsabnahme. Ältere Säuglinge leiden manchmal kurz nach dem Abstillen an schweren Gedeihstörungen. Auch Hauterkrankungen kommen bei einer Zöliakie häufig vor. In vielen Fällen tritt die Zöliakie gemeinsam mit einer Milchzuckerunverträglichkeit auf und erhöht die Gefahr, dass sich Lymphdrüsenkrebs entwickelt. Eine lebenslange glutenfreie Kost lässt die Beschwerden meist völlig verschwinden; auch das Krebsrisiko nimmt ab.
  • Die Symptome der Weizensensitivität ähneln oft denen der Zöliakie. Die Betroffenen reagieren mit Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen auf den Verzehr von Weizenprodukten. Es handelt sich um eine Unverträglichkeitsreaktion, deren genaue Ursache noch nicht geklärt ist. Die Diagnose erfolgt, indem eine Weizenallergie, eine Zöliakie und andere Lebensmittelunverträglichkeiten ausgeschlossen werden. Die Therapie besteht wie bei der Zöliakie aus dem Verzicht auf Gluten. Nach 2 Jahren glutenfreier Ernährung können Betroffene erneut testen, ob sie weizenhaltige Lebensmittel vertragen.

Diagnosesicherung

Um herauszufinden, welche Nahrungsmittel die Beschwerden auslösen, wird etwa 3 Wochen lang ein Ernährungstagebuch geführt. Genügt dies nicht, um das verdächtige Lebensmittel zu identifizieren, versucht man, dieses durch eine Eliminationsdiät zu finden. Der Betroffene nimmt 7 Tage lang eine allergenarme Kost auf der Basis von Reis und Kartoffeln zu sich. Lassen dabei die Beschwerden nach, ist eine Nahrungsmittelallergie bzw. -unverträglichkeit wahrscheinlich. Danach werden schrittweise weitere Nahrungsmittel auf den Speiseplan gesetzt (Suchdiät), bis wieder Beschwerden auftreten. Verringern sich diese nach Weglassen des verdächtigen Lebensmittels und treten nach erneutem Verzehr wiederum auf, ist der Auslöser erkannt.

Hauttestungen auf verschiedene Allergene und Blutuntersuchungen vervollständigen die Diagnose; allerdings fallen sie häufig falsch aus. Deshalb ist das Auslösen der Beschwerden durch das identifizierte Nahrungsmittel die wichtigste diagnostische Methode.

Diagnose bei Laktoseintoleranz

Laktose-Toleranztest. Die Diagnose liegt nahe, wenn nach dem Verzehr von Milch und Milchprodukten immer wieder Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfälle auftreten, und diese Beschwerden ausbleiben, sobald der Betroffene auf diese Nahrungsmittel verzichtet. Mit dem Laktose-Toleranztest (Milchzucker-Toleranztest) weist der Arzt den Mangel des für die Milchverdauung notwenigen Enzyms Laktase (Milchzuckerunverträglichkeit) nach. Der Test ist billig und einfach durchzuführen: Für die Untersuchung trinkt der Patient morgens 50 g in Wasser gelösten Milchzucker. Nach 30, 60, 90 und 120 Minuten wird Blut entnommen und der Blutzuckerspiegel wird bestimmt. Wenn ausreichend viel Laktase in der Dünndarmschleimhaut vorhanden ist, nimmt der Körper die aus dem Milchzucker gespaltene Glukose ins Blut auf und der Arzt kann eine Erhöhung des Blutzuckerwertes feststellen. Heute wird jedoch zunehmend der direkte Enzymnachweis im Rahmen feingeweblicher Untersuchungen von Dünndarm-Gewebeproben bevorzugt, die durch eine Darmspiegelung gewonnen werden.

Wasserstoff-Atemtest. Auch der Wasserstoff-Atemtest (H2-Atemtest) zeigt, wie gut Milchzucker im Dünndarm durch das Enzym Laktase gespalten wird. Diesen Test kombiniert der Arzt in der Regel mit dem Laktose-Toleranztest. Nachdem der Patient eine Milchzuckerlösung getrunken hat, pustet er in ein Gerät. Bei einem Mangel an Laktase wird der aufgenommene Milchzucker im Darm nicht ausreichend in Glukose und Galaktose gespalten, sondern gelangt in den Dickdarm. Dort wird der Milchzucker abgebaut, wobei Wasserstoff (H2) entsteht, der dann beim Ausatmen in der Atemluft nachgewiesen werden kann.

Diagnose bei Fruchtzuckerunverträglichkeit

Bei Verdacht auf eine angeborene Fruchtzuckerunverträglichkeit erfolgt die Diagnose durch eine Leberbiopsie. Die Erkrankung ist nicht heilbar; meidet der Betroffene größere Mengen von Fruchtzucker, besteht für ihn aber eine normale Lebenserwartung. Die Fruktosemalabsorption (also die Störung in der Aufnahme der Fruktose durch die Darmschleimhaut) lässt sich wie die Laktoseintoleranz durch einen Wasserstoff-Atemtest nachweisen.

Differenzialdiagnosen: Bei Blähungen, Durchfällen und Bauchkrämpfen im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme muss der Arzt weitere Erkrankungen des Verdauungstrakts ausschließen, wie z. B. Zöliakie, chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung und Morbus Crohn.

Behandlung

Die Behandlung besteht darin, das oder die auslösende(n) Nahrungsmittel zu meiden. Vielfach müssen die Betroffenen sich auch gegen verschiedene Pollen schützen, gegen die oft eine Kreuzallergie besteht. So sind Birkenpollenallergiker oft auch gegen Äpfel, Steinobst und Haselnüsse allergisch; während Latexallergiker auch allergisch auf Avocados, Bananen, Feigen und Pfirsiche reagieren.

Bei Milchzuckerunverträglichkeit ist es ebenfalls wichtig, auf Milch und Milchprodukte zu verzichten oder – in leichteren Fällen – diese nur in reduzierter Menge zu sich zu nehmen. Außerdem kann der Betroffene auf laktosefreie Milch und Milchprodukte zurückgreifen.

Im Alltag ist es jedoch nicht immer möglich, Nahrungsmittel vollständig zu meiden, in denen z. B. Milch und Eier verarbeitet sind. Dann können Medikamente, die die Mastzellen vor einer Histaminausschüttung bewahren (z. B. Colimune®) oder auch Antihistaminika eingesetzt werden. Sofern nicht mehr als drei Allergien gleichzeitig bestehen, hilft eine Hyposensibilisierung.

Notfalltherapie

Allergiker, die schon einmal einen allergischen Schock erlitten haben oder unter schwerem Asthma leiden, sollten immer ein Notfallset mit sich führen. Mit den darin befindlichen Medikamenten kann sich der Patient bei einer schweren allergischen Reaktion selbst behelfen, bis ein Arzt vor Ort ist. In der Regel befinden sich in einem solchen Notfallset

  • Adrenalin in einem Auto-Injektor, mit dem der Wirkstoff vom Patienten selbst oder einem Helfer direkt in die Oberschenkelmuskulatur gespritzt wird. Adrenalin wirkt innerhalb von 5–10 Minuten, bessert die Atemnot und stabilisiert den Kreislauf.
  • Antihistaminikum, am besten als Tropfen. Es lindert den Juckreiz und wirkt krampflösend.
  • Kortison als Spray oder Tabletten. Die Wirkung tritt erst nach ca. 1 Stunde ein, hält dafür aber länger an als bei Adrenalin oder einem Antihistaminikum.

Prognose

Wird die auslösende Substanz jahrelang gemieden, verschwindet eine echte Nahrungsmittelallergie manchmal wieder von selbst. Betroffene Kinder entwickeln häufig mit zunehmendem Alter eine Toleranz auf das ursprüngliche Allergen. Deshalb empfehlen Experten, bei Kindern jährlich zu überprüfen, ob die Diät noch notwendig ist.

Bei angeborenem Enzymmangel (Fruktoseintoleranz, Galaktosämie, Laktoseintelorenz) ist eine lebenslange Diät nötig. Vor allem bei der Galaktosämie – wird hier die Diät nicht eingehalten, drohen schwere Schäden wie Leberzirrhose, motorische und geistige Störungen sowie die Erblindung.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Nahrungsmittelunverträglichkeiten haben viele Gesichter: ihr Schweregrad reicht von im Alltag vernachlässigbaren bis hin zu schwersten Beeinträchtigungen. Entsprechend können die folgenden Tipps nur einige allgemeine Maßnahmen beschreiben:

  • Meiden Sie Fertigprodukte, deren Verträglichkeit Sie nicht kennen bzw. deren Inhaltsstoffe Sie nicht eindeutig ermitteln können.
  • Machen Sie sich mit den verschiedenen Bezeichnungen vertraut, mit denen die Allergie auslösende bzw. unverträgliche Substanz auf den Lebensmitteln gekennzeichnet ist, z. B. die E-Nummer bei unverträglichen Konservierungsmitteln.
  • Hilfreich sind Apps für das Handy, die Informationen über Lebensmittelzusätze bieten. Ein Beispiel dafür ist die App "E Nummern Lebensmittelzusätze" für Android oder iOS (kostenpflichtig).
  • Manche Nahrungsmittel verursachen nur im rohen Zustand eine allergische Reaktion. Geben Sie deshalb, wann immer möglich, erhitzten Speisen den Vorzug.
  • Viele Betroffene profitieren davon, dass sie grundsätzlich Gewürzmischungen, histaminreiche Lebensmittel sowie Alkohol und Fruchtsäfte meiden.
  • Wenn Sie auf Grundnahrungsmittel oder eine Vielzahl von Nahrungsmitteln allergisch reagieren, empfiehlt sich eine Ernährungsberatung. Hier erhalten Sie Auskunft darüber, welche Alternativnahrungsmittel Sie verwenden können, um Ihren täglichen Nährstoffbedarf zu decken.

Besprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder Internisten, ob er Ihnen ein Rezept für Kortison (z. B. zwei Tabletten Dexamethason mit je 8 mg) zur Selbstbehandlung im Notfall ausstellt. Diese Medikamente sollten Sie immer mit sich führen und bei akuten Unverträglichkeitsreaktionen vorsorglich einnehmen, um einen allergischen Schock zu verhindern. Eventuell gehören Sie auch zu den Patienten, die vorsorglich ein Notfallset mit einem Adrenalin-Autoinjektor bei sich führen sollten. Auch dafür stellt Ihnen Ihr behandelnder Arzt ein Rezept aus.

Weiterführende Informationen

  • www.DZG-online.de – Website der Deutschen Zöliakie Gesellschaft, Stuttgart: Mit Informationen zur Diät und zu glutenfreien Lebensmitteln.
  • https://www.mein-allergie-portal.com/allgemein/115-allergie-selbshilfegruppen.html - Website für Betroffene, auf der man Selbsthilfegruppen für eine Vielzahl von Nahrungsmittelunverträglichkeiten findet.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Reizdarm

Reizdarm (Reizdarmsyndrom, RDS, Irritable Bowel Syndrome, Reizkolon, Colon irritabile oder früher auch spastisches Kolon genannt): Häufige funktionelle Darmstörung ohne erkennbare organische Ursache mit Bauchschmerzen, Blähungen, evtl. auch Durchfall und/oder Verstopfung. Der Reizdarm tritt besonders häufig bei den 20- bis 40-Jährigen auf. In Deutschland sind 15 % der Bevölkerung betroffen; jede zweite Patient*in mit Magen-Darm-Beschwerden leidet an einem Reizdarm, Frauen doppelt so häufig wie Männer.

Auch wenn die Erkrankung medizinisch gesehen harmlos ist, beeinträchtigen die Beschwerden die Lebensqualität erheblich. Sind die auslösenden Faktoren bekannt und weitgehend vermeidbar, ist eine Besserung möglich; eine Heilung ist aber nicht zu erwarten.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Diffuse Bauchschmerzen
  • Druckgefühl im Unterbauch sowie im rechten oder linken Oberbauch
  • Völlegefühl, rumorende Darmgeräusche und Blähbauch
  • Gehäufte (mehr als drei pro Tag) oder verminderte Stuhlentleerungen (weniger als drei pro Woche)
  • Veränderte Stuhlbeschaffenheit (vor allem harter Stuhl, kleinere harte Kotsteine, Schleimauflagerungen)
  • Gefühl der unvollständigen Darmentleerung.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • immer wieder Schmerzen im Bauch auftreten.

Sofort, bei

  • quälenden Bauchschmerzen und Fieber.

Die Erkrankung

Klinik

Viele Menschen leiden ständig oder in kurzen Abständen unter einer Kombination verschiedener Darmstörungen, die nicht durch organische Veränderungen erklärbar sind und die Ärzt*innen unter dem Begriff Reizdarm zusammenfassen. Dabei kommt es zu krampfartigen, ziehenden oder stechenden Schmerzen im gesamten Bauch sowie zu Druckgefühl im Unterbauch oder Oberbauch, die jedoch meist nicht in der Nacht auftreten. Weitere Beschwerden sind Blähungen, Verstopfung, Durchfall, auch können sich Verstopfung und Durchfall abwechseln. Der Stuhl ist entweder hart bzw. wird – wie bei Schafen – in kleinen harten Kotsteinen ausgeschieden. Er kann auch breiig bis flüssig sein, manchmal ist heller Schleim beigemengt. Bei einigen Betroffenen lassen die Beschwerden nach dem Stuhlgang nach, andere haben das Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung.

Definition. Nach internationalen Richtlinien besteht ein Reizdarm, wenn innerhalb der letzten 12 Monate mindestens 12 Wochen lang, aber nicht unbedingt andauernd, Bauchschmerzen auftraten, die sich mit dem Stuhlgang besserten und/oder wenn der Beginn der Bauchschmerzen mit einer Veränderung der Stuhlkonsistenz und/oder der Stuhlhäufigkeit einherging.

Ursachen und Risikofaktoren

Warum ein Darm gereizt reagiert, ist trotz umfangreichen Forschungen nicht eindeutig geklärt. Verschiedene funktionelle Veränderungen beeinflussen allein oder in Kombination die Funktion des Darms bei Reizdarmpatient*innen:

  • Die Schleimhaut von Reizdarmpatient*innen bildet neueren Forschungen zufolge verstärkt die Botenstoffe Histamin und Serotonin oder reagiert auf diese übersensibel. Dadurch gelangen permanent Nervenreize an das Gehirn, was den Entzündungsprozess offenbar fördert und aufrechterhält.
  • Reizdarmpatient*innen reagieren bereits auf eine Dehnung des Darms mit Schmerzen, die bei Gesunden keine Beschwerden hervorruft. Als Ursache hierfür vermuten die Ärzt*innen eine gestörte Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung im Gehirn.
  • Darüber hinaus ist die Beweglichkeit des Darms entweder beschleunigt oder verzögert.
  • In bis zu 25 % der Fälle geht der Entwicklung eines Reizdarms eine Darminfektion mit Durchfällen voraus.
  • Im Gegensatz zu einer gesunden Darmschleimhaut ist die Darmschleimhaut von Reizdarmpatient*innen wahrscheinlich durchlässiger. Auf diese Weise ist eine wichtige Schutz- und Barrierefunktion vermindert.
  • In den Darmwänden selbst sind bei Reizdarmpatient*innen vermehrt Zellen nachweisbar, die eigentlich verantwortlich für die Immunabwehr sind. Bei Fehlfunktionen lösen sie Entzündungsreaktionen aus.
  • Außerdem führt eine Kohlenhydratunverträglichkeit sehr häufig zum Reizdarm, etwa bei Milchzuckerunverträglichkeit und Unverträglichkeit von Fruktose. Viele Betroffene vertragen auch andere Nahrungsbestandteile nicht; außerdem werden die Beschwerden durch Genuss von Kaffee, Zigaretten und Alkohol oft verschlimmert.

Psychische Faktoren wie Stress oder Ärger können die Beschwerden verschlimmern. Auch scheinen depressive Störungen bei der Entwicklung und Ausprägung der Beschwerden von Bedeutung zu sein. Allerdings sollte beachtet werden, dass depressive Symptome sowohl Ursache als auch Folge von Darmbeschwerden sind.

Auch nach Infektionen verschlimmern sich die Reizdarmbeschwerden häufig.

Mitunter wird auch von der Schulmedizin ein Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Mikroorganismen im Darm (Dysbiose) für die Entstehung oder Aufrechterhaltung eines Reizdarms verantwortlich gemacht. Diese Theorie und die darauf basierenden Therapievorschläge halten in der Praxis aber nur selten, was sie versprechen, weswegen die Kosten der aufwändigen mikrobiologischen Untersuchung auf eine Dysbiose von den Kassen nicht übernommen werden. Auch die Vermutung, dass die Besiedlung des Dickdarms mit Candidapilzen eine Ursache der Beschwerden ist, wurde nicht bestätigt.

Diagnosesicherung

Manche Ärzt*innen können die Diagnose Reizdarm oft schon aufgrund des Beschwerdebildes stellen. Wichtiges Merkmal ist z. B., dass die Beschwerden nachts nicht auftreten und der Betroffene kein Gewicht verloren hat. In jedem Fall wird die Ärzt*in andere ernste Krankheiten der Verdauungsorgane wie z. B. eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung oder Darmkrebs durch eine Tastuntersuchung des Enddarms, Stuhluntersuchungen, eine Darmspiegelung und eventuell mit anderen bildgebenden Verfahren (z. B. Bauchultraschall) ausschließen. In Einzelfällen sind weitere spezielle Untersuchungen erforderlich, wie ein Laktosetoleranz-Test bei Verdacht auf Milchzuckerunverträglichkeit. Wichtig ist, die Patient*in, die oft eine schwere Krankheit als Ursache der Beschwerden befürchtet, über die Ungefährlichkeit der Symptome aufzuklären.

Differenzialdiagnosen. Neben den oben genannten Erkrankungen kommen Reizdarm-ähnliche Beschwerden auch häufig bei gynäkologischen Erkrankungen wie beispielsweise der Endometriose oder dem Eierstockkrebs vor.

Behandlung

Schmerzen. Bei leichten Schmerzen helfen Selbsthilfemaßnahmen, bei starken Schmerzen Antidepressiva, die durch Erhöhung der Schmerzschwelle den Schmerz lindern.

Krämpfe. Die Wirksamkeit krampflösender Medikamente wie Butylscopolamin (Buscopan®) ist nicht belegt; im Einzelfall können sie aber hilfreich sein. Aufgrund ihrer zahlreichen Nebenwirkungen dürfen sie jedoch nicht auf Dauer eingesetzt werden.

Verstopfung. Hier sollten zunächst Basismaßnahmen (siehe Verstopfung) versucht werden. Starke Abführmittel sind wegen der Gewöhnungsgefahr nur notfallmäßig zu empfehlen (z. B. als Microklist).

Durchfall. In Einzelfällen und kurzfristig (z. B. bei Reisen, Geschäftsterminen) ist der Wirkstoff Loperamid eine Option (z. B. Imodium®), der die Darmpassage verlangsamt.

Blähungen. Gegen Blähungen wird oft die Einnahme entblähender Medikamente, wie z. B. Simeticon (SAB simplex®, Lefax®) empfohlen. Leider zeigen diese Medikamente bei vielen Betroffenen keine Wirkung.

Der aktuelle Forschungsstand legt zudem nahe, dass Reizdarmpatient*innen von einer Behandlung mit Antihistaminika und Mastzellstabilisatoren profitieren.

Psychische Erkrankung. Besteht zugleich eine seelische Erkrankung, insbesondere eine Depression oder Angststörung, hat deren Behandlung z. B. im Rahmen einer Psychotherapie hohe Priorität. Ist diese erfolgreich oder lassen sich zugrunde liegende Konflikte lösen, ist eine deutliche Besserung auch der Reizdarmbeschwerden zu erwarten.

Prognose

Ein Reizdarm ist per se harmlos, schränkt die Lebensqualität aber häufig stark ein. Eine Heilung ist selten bis nie zu erwarten, aber es gibt viele Maßnahmen, um die Symptome in den Griff zu bekommen.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Die Grundempfehlung für die Selbsthilfe ist, herauszufinden, welche Lebenssituationen, Nahrungsmittel oder Verhaltensweisen Ihre Beschwerden verstärken, und diese künftig zu meiden.

Low FODMAP-Diät. Manchen Reizdarmpatienten hilft eine spezielle Diät, bei der die Aufnahme fermentierbarer Zucker (Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole) reduziert wird. Dadurch wird die Gärung im Darm reduziert und es entstehen weniger darmreizende Gase. Zu den Nahrungsmitteln, die reich an solchen Zuckern sind und daher gemieden werden sollen, gehören z. B. Kohl, Zwiebeln, Nektarinen und Linsen (FODMAP-reiche Lebensmittel).

Probiotika. Starten Sie doch mal einen Versuch mit probiotischen Nahrungs- oder Arzneimitteln. Auch wenn die Dysbiose-Hypothese in puncto Reizdarm unterschiedlich bewertet und eine teure mikrobiologische Diagnostik nicht empfohlen wird, können Bifidobakterien oder Lactobazillus-Stämme einen gereizten Darm oftmals beruhigen.

Entspannungsverfahren. Stress und Anspannungen verstärken Reizdarmsymptome oft oder lösen sie sogar aus. Eine bewährte Gegenmaßnahme ist das regelmäßige Ausüben von Entspannungstechniken wie Autogenes Training, Yoga oder Progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen

Komplementärmedizin

Pflanzenheilkunde. Da die Stuhlkonsistenz oft wechselt, sollte nur dann ein entsprechendes Arzneimittel eingenommen werden, wenn das Leitsymptom akut über mehrere Tage hinweg besteht. Welche Mittel hier im Einzelnen infrage kommen, wird bei der Verstopfung und beim Durchfall beschrieben. Bei krampfartigen Schmerzen und Blähungen haben sich Kümmelöl oder Pfefferminzöl (z. B. kombiniert in Enteroplant® -Kapseln) bewährt. Die Wirkung von Pfefferminzöl und indischen Flohsamen gegen diese Beschwerden ist in einer klinischen Studie belegt. Flohsamen sind leichte pflanzliche Abführmittel, die auch Schmerzen lindern.

Homöopathie. Die Homöopathie empfiehlt eine individuell abgestimmte Konstitutionstherapie.

Akupunktur. Es liegt eine Reihe von Erfahrungsberichten vor, nach denen ein Reizdarm mithilfe der Akupunktur gelindert werden konnte; erste Studien scheinen dies zu bestätigen.

Hypnose. Ziel der Hypnose ist es, dass die Darmmuskulatur sich entspannt. Nach einigen Sitzungen erlernt der Patient Selbsthypnosetechniken, die zu Hause regelmäßig durchgeführt werden. Erste Erfahrungen mit der Methode zeigen einen positiven Effekt gerade bei solchen Patienten, die auf Medikamente nicht gut ansprechen.

Weiterführende Informationen

  • T. Schleip; G. Hoffbauer: Reizdarm. Was wirklich dahinter steckt. Gräfe & Unzer, 2001. Schulmedizinisch orientierter Ratgeber zum Thema Reizdarm, mit vorbildlicher Beschreibung der Erkrankung.
  • W. Kruis; A. Iburg: Reizdarm – Endlich Ruhe im Bauch durch richtige Ernährung. Trias, 2004. Praxisorientierter, detaillierter Ratgeber mit vielen differenzierten Vorschlägen zu einer optimal angepassten Ernährung bei Reizdarmbeschwerden.
  • https://www.fodmaps.de/fodmap-liste/ . Website mit Informationen zur lowFODMAP-Diät und einer ausführlichen Liste, welche Lebensmittel reich bzw. arm an FODMAPs sind.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Verstopfung

Verstopfung (Obstipation): Erschwerte, verzögerte und zu seltene Darmentleerung (weniger als dreimal pro Woche), oft mit Schmerzen und hartem Stuhl. In Deutschland leidet ein Drittel der Bevölkerung zeitweise unter Verstopfung und ein Viertel der über 60-Jährigen unter chronischer Verstopfung. Von chronisch wird gesprochen, wenn die Beschwerden in den letzten 6 Monaten für mindestens drei Monate aufgetreten sind. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Ursachen und dementsprechend auch die Behandlungsstrategien sind vielfältig. Bei ständiger Verstopfung (funktionelle chronische Obstipation) steht – nach Ausschluss schwerwiegender Erkrankungen – eine Änderung der Lebensweise im Vordergrund. (Akute Verstopfung siehe Darmverschluss).

Symptome und Leitbeschwerden

  • Weniger als drei Stuhlentleerungen pro Woche
  • Harter Stuhlgang
  • Pressen bei der Stuhlentleerung
  • Gefühl unvollständiger Darmentleerung.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • die Beschwerden bereits mehrere Wochen dauern.

Die Erkrankung

Eine Verstopfung kann akut, vorübergehend oder chronisch auftreten. Die akute Verstopfung, der Darmverschluss, erfordert in der Regel eine Notfalltherapie (siehe Darmverschluss). Die vorübergehende Verstopfung ist häufig situationsbedingt und kommt z. B. auf Reisen oder im Krankenhaus vor. Von einer chronischen Verstopfung spricht man, wenn im letzten halben Jahr mindestens 12 Wochen lang 2 der folgenden Symptome aufgetreten sind:

  • weniger als 3 Stühle/Woche
  • harter Stuhlgang
  • Gefühl der inkompletten Entleerung
  • Starkes Pressen
  • Gefühle der analen Blockierung
  • Nachhelfen mit der Hand bei der Stuhlentleerung (Ausräumen des Enddarms).

Ursachen und Risikofaktoren

Bewegungsmangel, ballaststoffarme Kost, zu geringe Flüssigkeitszufuhr und die Unterdrückung des Stuhldrangs werden schon seit jeher mit der chronischen Verstopfung in Verbindung gebracht. Es ist richtig, dass sich der Stuhl durch Flüssigkeitsmangel (bei älteren Menschen oft als Folge eines mangelnden Durstgefühls) und zu wenig Ballaststoffe in der Ernährung mehr und mehr verfestigt. Inzwischen geht man jedoch davon aus, dass diese Faktoren allein eine Verstopfung nicht auslösen, sondern dass sie eine funktionelle Verstopfung bei trägem Darm begünstigen oder verstärken.

Darmstörungen und Darmerkrankungen

  • Die häufigste Form der chronischen Verstopfung ist die funktionelle chronische Verstopfung. Bei ihr ist die Ursache unklar, deshalb wird sie auch idiopathische Verstopfung genannt. Typisch ist eine normale Darmpassagezeit (Kolon-Transit-Zeit), also die Zeit, die der Stuhl vom Beginn des Kolons (Dickdarm) bis zum Anus braucht. Krankhafte Veränderungen des Darms lassen sich bei dieser Art der Verstopfung nicht finden. Vermutet wird, dass ihr eine Art nervaler Störung zugrunde liegt, die durch weitere Faktoren wie ungünstige Ernährung oder Bewegungsmangel getriggert wird.
  • Ebenfalls neurologisch bedingt ist die Störung im autonomen bzw. im Dickdarm-eigenen Nervensystem. Als Folge der nervalen Störungen kontrahiert sich die Muskulatur des Dickdarms nur noch schwach oder unkoordiniert, wodurch der Stuhl viel langsamer Richtung Anus transportiert wird (Slow-Transit-Obstipation). Auch bei der Verstopfung im Rahmen eines Reizdarmsyndroms lässt sich eine verlängerte Kolon-Transit-Zeit beobachten.
  • Eher selten wird eine Verstopfung durch organische Darmerkrankungen verursacht. Hier setzt die Verstopfung innerhalb von Stunden oder Tagen ein (Darmverschluss), entwickelt sich manchmal aber auch aus chronischen Beschwerden. Ursachen sind Darmverengungen durch entzündliche Prozesse (z. B. Divertikulitis) oder gut- bzw. bösartige Wucherungen der Darmschleimhaut (z. B. Darmpolypen oder Darmkrebs).

Entleerungsstörungen

Verläuft der Transport des Darminhalts zum Enddarm störungsfrei und das Absetzen des Stuhls macht Probleme, spricht man von Entleerungsstörungen.

  • Bei der gar nicht so seltenen Beckenbodendyssynergie besteht eine Kommunikationsstörung zwischen den empfindenden und den signalgebenden Nervenfasern im Enddarmbereich: Beim Gefühl des Stuhldrangs wird der Schließmuskel deshalb nicht ent-, sondern angespannt und die Entleerung dadurch unwillkürlich blockiert.
  • Auch organische Erkrankungen wie Analfissuren oder Hämorrhoiden verursachen Verstopfung, weil der Betroffene wegen der starken Schmerzen am Anus die Entleerung unterdrückt. Häufig wird der nicht entleerte Stuhl weiter eingedickt und immer härter, was die Schmerzen beim nächsten Entleerungsversuch weiter verstärkt. Auch Verengungen im Enddarm erschweren die Entleerung, dazu gehören beispielsweise der Aftervorfall oder Mastdarmvorfall oder ein Rektumkarzinom. Schließlich kommt es auch nach gynäkologischen Eingriffen oder Erkrankungen zur Verstopfung, z. B. durch eine während der Geburt geschädigte Bindegewebsplatte zwischen Scheide und Enddarm.

Weitere Ursachen für die Verstopfung

Arzneimittel. Werden Abführmittel über einen längeren Zeitraum eingenommen, verschlimmern sie die Darmträgheit durch die vermehrte Ausscheidung von Kalium zusätzlich. Auch bei anderen Medikamenten droht als Nebenwirkung Verstopfung, vor allem bei magensäurebindenden und blutdrucksenkenden Medikamenten, Antidepressiva, Schlaf- und Beruhigungsmitteln, Kodein, Anticholinergika und Colestyramin. Bei Opiaten ist das Verstopfungsrisiko so hoch, dass der Arzt meist ein Abführmittel gleich mitverordnet.

Viele Menschen reagieren auf Veränderungen im Tagesablauf mit vorübergehender Verstopfung und brauchen z. B. im Urlaub immer erst ein paar Tage, bis sich wieder eine normale Verdauung eingestellt hat. Auch fieberhafte Erkrankungen, Bettlägerigkeit und Schichtarbeit gehen häufig mit einer vorübergehenden Verstopfung (situative Obstipation) einher.

Hormonelle Ursachen. Der Darm ist in eine Vielzahl von Regelkreisen eingebunden und dadurch vielen hormonellen Einflüssen ausgesetzt. So führt z. B. eine Schilddrüsenunterfunktion zur Verstopfung, ebenso können Balancestörungen im Kalzium- oder Kaliumhaushalt die Funktion des Darmes beeinträchtigen. Auch die Schwangerschaft wirkt sich auf den Darm aus. Verantwortlich für die vor allem im 3. Trimenon auftretenden Verstopfungen ist das Schwangerschaftshormon Progesteron: Es sorgt durch seine muskelentspannende Wirkung nicht nur dafür, dass die Gebärmutter mit dem Kind mitwächst. Es entspannt auch die Muskeln anderer Hohlorgane und bewirkt dadurch eine Art physiologische Darmträgheit. Manche Frauen spüren diese Auswirkung regelmäßig in der 2. Zyklushälfte, wenn das Hormon Progesteron nach dem Eisprung vermehrt gebildet wird.

Verstopfung durch andere Erkrankungen

Verstopfungen treten auch im Rahmen anderer Erkrankungen auf, wie z. B. bei der Multiplen Sklerose oder nach Schlaganfall, aber auch bei der Sklerodermie, Diabetes mellitus und der Anorexia nervosa.

Paradoxer Durchfall

Bei langanhaltender Verstopfung entstehen durch den immer weiter eingedickten Stuhl (Kotstauung, Koprostase) Kotsteine (Kotballen), die fest im Darm sitzen und die Darmpassage behindern. In manchen Fällen wird der gestaute Stuhl verflüssigt und um das Hindernis herum als paradoxer Durchfall ausgeschieden. Dieses Phänomen kommt auch bei Dickdarmtumoren vor, die das Innere des Darms einengen. Deshalb muss beim paradoxen Durchfall immer ein Dickdarmkrebs ausgeschlossen werden.

Diagnosesicherung

Akute Verstopfung. Tritt eine Verstopfung plötzlich auf, klärt der Arzt schwerwiegendere Krankheitsursachen wie Divertikulitis, Darmdivertikel oder Darmkrebs mit bildgebenden Verfahren wie Bauchultraschall und Darmspiegelung ab – vor allem, wenn weitere Symptome wie heftige Bauchschmerzen oder Blut im Stuhl hinzukommen. Ergänzend können eine Tastuntersuchung des Enddarms und eine Blutuntersuchung durchgeführt werden, um so z. B. mögliche Entzündungszeichen (erhöhte BSG, CRP, Leukozytenzahl bei Divertikulitis) und/oder okkultes Blut nachzuweisen.

Chronische Verstopfung. In einigen Fällen ist eine Laboruntersuchung sinnvoll, etwa bei Verdacht auf Schilddrüsenunterfunktion oder Abführmittelmissbrauch. Ergeben die Untersuchungen keinen Hinweis auf eine organische Erkrankung, handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um eine funktionelle Obstipation oder einen Reizdarm. Vor der Durchführung von Spezialuntersuchungen wird der Arzt deshalb zunächst einen Behandlungsversuch mit Ernährungs- und Lebensstilumstellung und Abführmitteln beginnen (siehe Behandlung).

Spezialuntersuchungen

Bleibt die Verstopfung trotz mehrerer Behandlungsversuche bestehen, kommen verschiedene Spezialuntersuchungen zum Einsatz.

  • Eine Beckenbodendyssynergie weist der Arzt mit einer anorektalen Manometrie nach. Dabei führt er einen Katheter in den Anus des liegenden Patienten und misst den Druck des Verschlussmuskels unter verschiedenen Bedingungen. Anhand der Werte kann der Arzt erkennen, wie gut das Zusammenspiel der Beckenbodenmuskeln funktioniert.
  • Bei der Defäkografie untersucht der Arzt das Absetzen des Stuhls. Dafür wird dem Patienten zunächst ein Kontrastmittel als Einlauf verabreicht. Danach setzt er sich auf eine röntgendurchlässige Toilette und wird unter Durchleuchtung zum Kneifen, Pressen und Entleeren des Kontrastmittels aufgefordert. Mit dieser Untersuchung erkennt der Arzt z. B. anatomische Hindernisse im Enddarm.
  • Die Kolon-Transit-Zeit misst der Arzt wiederum, indem der Patient 6 Tage lang lang röntgendichte Marker einnimmt. Nach einer Woche wird anhand einer Röntgenübersichtsaufnahme deren Verbleib geprüft und die Transitzeit berechnet.
  • In sehr schweren Fällen kommen auch die sehr aufwändigen Messungen der Kolondrucke zum Einsatz (Kolonmanometrie). Diese mehrstündige Untersuchung läuft ähnlich ab wie eine Darmspiegelung und ermöglicht es den Ärzten, die Beweglichkeit des Dickdarms zu prüfen.

Differenzialdiagnosen. Die wichtigste Differenzialdiagnose der chronischen Verstopfung ist der Dickdarmkrebs. Bei einer akuten Verstopfung mit Erbrechen und starken Schmerzen muss auch stets ein Darmverschluss ausgeschlossen werden.

Behandlung

Basismaßnahmen

Ziel der Therapie ist, die Darmtätigkeit durch ballaststoffreiche Kost, viel Flüssigkeit und erhöhte körperliche Aktivität wieder zu normalisieren (siehe Abschnitt Selbsthilfe unten). Reichen diese Maßnahmen nicht aus, kann der Betroffene die Nahrung mit weiteren nicht verdaulichen Quellstoffen, z. B. Weizenkleie und/oder Leinsamen anreichern. Wenn auch das nicht den gewünschten Erfolg bringt, wird die Nahrung mit Flohsamen und/oder Methylzellulose ergänzt. Wichtig ist, diese Mittel grundsätzlich mit viel Flüssigkeit einzunehmen, sonst verstärken sie die Verstopfung und führen im Extremfall zu einem Darmverschluss.

Hinweis: Quellstoffe sollten ohne ärztliche Rücksprache nicht länger als zwei Wochen eingenommen werden: Bei täglicher Anwendung in hoher Dosierung besteht wie bei allen Abführmitteln die Gefahr, dass dem Körper zu viel Wasser und zu viele Mineralsalze entzogen werden.

Pharmakotherapie

Reichen Basismaßnahmen nicht aus, verordnet der Arzt zusätzlich stärker wirkende Abführmittel, entweder in Monotherapie oder bei starker Verstopfung auch als Kombination. Dabei geht er in der Regel stufenweise vor:

Zunächst wird der Arzt Macrogol (z. B. Movicol®), Natriumpicosulfat (z. B. Laxoberal®) oder Bisacodyl (z. B. Dulcolax®) empfehlen. Wichtig ist hier der Einnahmezeitpunkt: Natriumpicosulfat braucht etwa 10 bis 12 Stunden, um zu wirken, am besten wird es abends eingenommen. Bisacodyl wirkt etwas schneller, als Tropfen wird die Einnahme direkt vor dem Schlafengehen empfohlen. Dulcolax® gibt es auch als Zäpfchen: Weil es innerhalb von 15–30 Minuten wirkt, soll es direkt vor dem Frühstück oder Mittagessen eingeführt werden.

Versagen diese Wirkstoffe, verordnet der Arzt eventuell Lactulose (z. B. Bifiteral®). Lactulose sorgt dafür, dass der Stuhl weicher und die Entleerung des Darms einfacher wird. Sie hat allerdings den Nachteil, dass sie unangenehme Blähungen verursacht und von Menschen mit Galaktoseintoleranz (angeborene Unverträglichkeit von Galaktose) nicht angewendet werden darf. Ansonsten gilt auch für Lactulose, dass eine längerfristige Anwendung nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen soll.

Darüber hinaus kann der Arzt noch auf Anthranoide zurückgreifen. Anthranoide sind Wirkstoffe pflanzlichen Ursprungs, ihre stark abführende Wirkung beruht auf einer Reizung der Darmwand. Zudem wird die Schleimsekretion angeregt und die Rückführung von Wasser und Salzen aus dem Darm vermindert, sodass der Stuhl flüssiger, weicher und gleitfähiger ist. Je nach Wirkungsintensität löst der Wirkstoff 6–10 Stunden nach Einnahme durchfallartige Stühle aus. Anthrachinonhaltige Pflanzen sind Aloe, Cascarinde, Sennesblätter und -früchte, Faulbaumrinde, Rhabarberwurzel und Kreuzdornbeeren, wobei Aloe die stärkste und Kreuzdornbeeren die schwächste Wirkung haben. Zu den Nebenwirkungen zählen Mineralienverlust, insbesondere von Kalium, Darmschleimhautentzündungen und kolikartige Unterleibsschmerzen. Auch eine krebserregende Wirkung wird diskutiert. Deshalb werden Anthranoide nur eingesetzt, wenn andere Maßnahmen keine Linderung bewirkt haben und die Einnahme auf maximal 2 Wochen beschränkt.

Chirurgische Interventionen

Bei schwerster therapieresistenter Symptomatik gibt es die Möglichkeit der Sakralnervenstimulation. Diese Methode eignet sich für Verstopfungen mit verlängerter Kolon-Transitzeit (Slow-transit-Obstipation), weil sie als eine Art Schrittmacher den Darm stimuliert. Dazu werden in einer Operation Elektroden am Darm angebracht, nach außen geführt und unter die Haut verlegt. Über einen kleinen Schrittmacher stimuliert der Patient den Darm mit Hilfe der Elektroden. Bei etwa 50 % der Patienten mit Slow-Transit-Obstipation normalisiert der Schrittmacher die Kolon-Transit-Zeit und bessert die Verstopfung.

Spezielle Behandlung bei Entleerungsstörungen

Auch bei den Entleerungsstörungen lindern die oben genannten Basismaßnahmen (Ballaststoffe, ausreichend Flüssigkeit, Quellstoffe) die Beschwerden. Zusätzlich haben sich Zäpfchen und Klistiere bewährt, die den Stuhl erweichen und dadurch das Absetzen erleichtern (Natriumhydrogencarbonat, z. B. Lecicarbon®, Miniklistiere wie z. B. Microlax® oder Bisacodyl als Zäpfchen, z. B. Dulcolax®). Bei einer Beckenbodendyssynergie hilft häufig Biofeedbacktraining weiter. Bei dieser Methode wird eine Sonde in den Anus eingeführt, die über Lichtsignale anzeigt, wie stark die Schließmuskeln des Darms angespannt wird. Die Kontrollmöglichkeit hilft dem Patienten, seine Schließmuskeln besser zu steuern und zum richtigen Zeitpunkt zu entspannen.

Strukturelle Probleme wie z. B. einen Mastdarmvorfall oder Hämorrhoiden des 3. oder 4. Grades versorgt der Arzt chirurgisch.

Weitere Erkrankungen

Liegt eine andere Erkrankung zugrunde, wird der Arzt versuchen, durch Behandlung dieser Krankheit die Verstopfung zu lindern, z. B. durch Gabe von Schilddrüsenhormonen bei Schilddrüsenunterfunktion.

Prognose

Mit Lebensstiländerungen und überlegtem Abführmittelgebrauch lässt sich eine funktionelle chronische Verstopfung meist gut in den Griff bekommen.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Sofern keine behandlungsbedürftige Darmerkrankung besteht, lässt sich die Verdauung auf lange Sicht nur normalisieren, wenn Sie ungünstige Lebens- und Ernährungsgewohnheiten ändern. Die Schwerpunkte sind:

Ernährung umstellen. Vollwertkost mit einem hohen Ballaststoffanteil ist zur Beseitigung einer Verstopfung unverzichtbar. Da viele Menschen zunächst mit Unverträglichkeitsreaktionen wie Blähungen und Völlegefühl auf eine ballaststoffreiche Ernährung reagieren, sollten Sie bei der Ernährungsumstellung am besten schrittweise vorgehen, damit der Körper genug Zeit hat, sich umzugewöhnen. Anfangs erhöhen Sie den täglichen Obst- und Gemüseanteil; auch Trockenfeigen, Dörrbirnen und -pflaumen sind hierfür geeignet. Als Nächstes ersetzen Sie Weiß- oder Mischbrot durch Vollkornbrot und Müsli. Essen Sie nichts, was Ihnen nicht bekommt. Wenn Sie z. B. Weißbrot deutlich besser vertragen als Vollkornbrot, hilft vielleicht stattdessen ein täglicher Apfel, Ihre Verdauung anzuregen. Außerdem können Sie den Faseranteil im Essen erhöhen, indem Sie hin und wieder Haferflocken in Milch oder Joghurt einweichen. Sauermilchprodukte wie Joghurt oder Dickmilch sollten ebenfalls regelmäßig auf dem Speiseplan stehen. Sie wirken sich positiv auf die Darmflora aus und helfen damit, die Verdauung zu normalisieren.

Quellstoffe. Leinsamen, Weizenkleie sowie Flohsamenschalen oder indischer Flohsamen (erhältlich in Reformhäusern oder Apotheken) regen die Verdauung an und machen den Stuhl voluminöser, weicher und geschmeidiger. Diese Eigenschaften entfalten sie jedoch nur, wenn sie mit viel Flüssigkeit eingenommen werden. Bei jeder Einnahme sollten mindestens 200 ml Flüssigkeit zugeführt werden. Trocken eingenommen besteht die Gefahr von Verstopfung bis hin zum Darmverschluss. Zu Beginn der Behandlung kommt es häufig vermehrt zu Blähungen. Um diesen vorzubeugen, empfiehlt es sich, mit einer niedrigen Quellstoffmenge zu beginnen und diese langsam zu steigern. In vielen Fällen genügt eine Tagesdosis von ein bis zwei Teelöffeln. Flohsamenschalen und indischer Flohsamen sind auch in Form von Fertigarzneimittel erhältlich, zum Beispiel Mucofalk® oder Metamucil®. Nehmen Diabetiker Quellstoffe ein, ist eventuell die Insulindosis anzupassen.

Ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Trinken Sie mindestens 2 l pro Tag und steigern Sie Ihre Trinkmenge eventuell auf 3 l, wenn Sie Ihre Ernährung auf eine überwiegend ballaststoffreiche Kost umstellen. Da Ballaststoffe stark quellen, verstärken sie bei einer zu geringen Flüssigkeitsaufnahme zunächst die Verstopfung.

Regelmäßige Bewegung. Wenn kein regelmäßiger Sport möglich ist, lässt sich bestimmt ein Spaziergang von 20–30 Minuten Dauer in den Tagesablauf einfügen. Fehlt Ihnen auch dafür die Zeit, sollten Sie sich angewöhnen, Treppen zu laufen und konsequent auf Lift und Rolltreppen zu verzichten.

Sanfte Anregung der Darmtätigkeit. Ein Glas lauwarmes Wasser oder Obstsaft als Morgentrunk gleich nach dem Aufstehen regt die Darmtätigkeit ebenso an (gastrokolischer Reflex) wie eine 10-minütige Morgenmassage, bei der man beide Hände auf den Bauch legt und dann wiederholt mit sanftem Druck im Uhrzeigersinn nach unten streicht. Eine Wärmflasche, feuchtwarme oder trockenwarme Wickel, z. B. mit Schafgarbe oder Heilerde, für den Unterbauch lindern Druckgefühle und steigern ebenfalls die Darmtätigkeit.

Stuhltraining. Achten Sie auf Körpersignale: Suchen Sie bei Stuhldrang stets möglichst rasch die Toilette auf und unterdrücken Sie ihn nicht. Möglicherweise bietet es sich an, den Darm zu "erziehen", indem man sich jeden Tag etwas Zeit nimmt und immer zur gleichen Uhrzeit auf die Toilette geht.

Klistiere. Wenn in akuten Fällen nichts anderes hilft, ist die Anwendung eines Klistiers sinnvoll und ungefährlich. Praktisch sind Fertigprodukte auf Glyzerinbasis, die rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind.

Komplementärmedizin

Pro- und Präbiotika. Die gezielte Zufuhr von Darmbakterien wirkt ausgleichend auf die Mikroflora des Verdauungstrakts. Bei der Auswahl von geeigneten Bakterien wie etwa Bifidus, der E. coli Stamm Nissle oder Lactobazillen unterstützen Arzt oder Apotheker.

Homöopathie. Mittel der Hömöopathie sind bei Verstopfung u. a. Alumina, Bryonia, Calcium carbonicum, Nux vomica und Sulfur. Zudem stehen homöopathische Komplexmittel (z. B. Bryonia Pentarkan®) zur Verfügung.

Kolonhydrotherapie (Colon-Hydro-Therapie). Verstopfung ist eine klassische Indikation der Kolonhydrotherapie, einer Weiterentwicklung der Darmspülung. Hierbei wird der Dickdarm mit rund 10 l Wasser (25–41 °C) durchspült. Für den Ein- und Ablauf wird ein spezieller Apparat benutzt. Die Wirksamkeit der Therapie bei Verstopfung erscheint vielen Patienten zwar plausibel, ist aber wissenschaftlich gesehen fraglich, es existiert bisher kein wissenschaftlicher Nachweis darüber; eine andere, behandlungsbedürftige Darmerkrankung sollte aber vorher sicher ausgeschlossen sein.

Kritiker verweisen zudem auf die Risiken: So werden neben dem mechanischen Spülen und Entleeren des Darmes auch die lebensnotwendigen Darmkeime ausgeschwemmt und abgesehen von Nebenwirkungen wie Darmkrämpfen, Übelkeit und Brechreiz sind Fälle von Darmperforationen oder Darmblutungen bekannt. Auf der anderen Seite profitieren viele Betroffene von der Therapie (was aber für Anwendungen von Klistieren und anderen Darmspülungen gleichermaßen gilt), weshalb viele Autoren diese als risikoärmere und preisgünstigere Alternativen empfehlen.

Hinweis: Patienten mit Kreislaufschwäche dürfen die Kolonhydrotherapie nicht anwenden.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Wurmerkrankungen

Wurmerkrankungen (Helminthosen): Durch Wurmbefall verursachte Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts und anderer Organe wie Lunge, Leber und Gehirn. Zu den wichtigsten Würmern, die den Menschen befallen, gehören Bandwürmer (Cestoden), Fadenwürmer (Nematoden) und Saugwürmer (Trematoden). Viele Wurmerkrankungen sind mit Wurmmitteln gut behandelbar. Beim Hundebandwurm oder Saugwürmern hängt die Prognose davon ab, wie sehr befallene Organe zerstört wurden. Wer sich mit Fuchsbandwurm infiziert, ist häufig auf eine lebenslange Therapie angewiesen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Oft nur vage Beschwerden, z. B. Druck im Oberbauch oder leichte Bauchschmerzen
  • Juckreiz und Hautveränderungen in der Analgegend
  • Sichtbare Ausscheidung von Würmern oder Wurmteilen im Stuhl
  • Gewichtsabnahme, Blässe und Schwäche (Blutarmut)
  • Gelbsucht, Reizhusten, Atemnot (Hunde- oder Fuchsbandwurm)
  • Fieber, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen sowie Blut im Stuhl oder Urin nach Afrika- und Asienreisen (Schistosomen).

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn

  • Würmer oder Wurmteile im Stuhl zu sehen sind
  • bisher nicht bekannter Juckreiz in der Analregion auftritt
  • seit längerem unspezifische Bauchschmerzen bestehen
  • sich die Bindehäute gelblich färben
  • Reiserückkehrer Fieber oder unerklärliche Allgemeinbeschwerden entwickeln
  • Blut in Stuhl oder Urin auftritt.

Die Erkrankungen

Wurmerkrankungen sind weltweit verbreitet. Meistens erfolgt die Ansteckung über den Verzehr von infektiösem rohem oder nicht ausreichend gegartem Fleisch oder ungewaschenem, mit Fäkalien verunreinigtem Gemüse, Salat oder Obst. Die bevorzugt befallenen Organe und die Vermehrungszyklen unterscheiden sich von Wurmart zu Wurmart.

Fadenwürmer (Madenwürmer, Spulwürmer und Trichinen)

Zu den Fadenwürmern (Nematoden) gehören u. a. die Madenwürmer (Oxyuren, Enterobius vermicularis), die auch in unseren Breitengraden weit verbreitet sind. Über verunreinigte Nahrung, Spielzeug oder Wäsche stecken sich besonders Kinder im Kindergarten- oder Grundschulalter an. Die etwa 12 mm langen Würmer siedeln sich im unteren Dünndarmbereich, im Dickdarm und im Wurmfortsatz an. Nachts kriechen die Weibchen aus der Analöffnung und legen um den Anus herum ihre Eier ab. Das führt zu starkem Juckreiz am Darmausgang. Der Befallene kratzt sich, fasst mit den verunreinigten Händen Verschiedenes an und verhilft so den Madenwürmern zur weiteren Ausbreitung.

Die Eier von Spulwürmern (Ascaris lumbricoides) werden meistens mit verseuchtem Gemüse aufgenommen und landen so im Dünndarm des Menschen. Im Darm schlüpfen die Spulwurmlarven, gelangen durch die Darmwand ins Blut und über den Blutkreislauf in die Leber und die Lunge. Von dort wandern die Larven bis zum Kehlkopf, werden geschluckt und erreichen so wieder den Dünndarm. Jetzt haben sie ihre Wanderung abgeschlossen und wachsen zu bis zu 40 cm langen reifen Würmern heran. Die Betroffenen leiden während der Durchwanderung der Lunge oft unter leichtem Fieber, Husten und anderen grippeähnlichen oder auch asthmaartigen Beschwerden. Der Wurmbefall des Darms löst Bauchschmerzen aus; die Würmer können Knäuel im Darm bilden und so einen mechanischen Darmverschluss verursachen. In manchen Fällen verschließen wandernde Würmer den Gallengang, wodurch es zur Gelbsucht oder Gallenkolik kommt.

Trichinen (Trichinella spiralis): Trichinen befallen Haus- und Wildschweine und werden beim Verzehr von rohem Schweinefleisch vom Menschen aufgenommen. Die von ihnen verursachte Trichinose ist in Deutschland wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Fleischbeschau sehr selten geworden. In Osteuropa und Nordamerika ist sie aber immer noch weit verbreitet. Der Wurmbefall im Darm verursacht wässrige Durchfälle, Übelkeit, Erbrechen und leichtes Fieber. Befallen die Larven die Muskulatur, kommt es zu Muskelschmerzen, Wassereinlagerungen im Gewebe und später eventuell zu anhaltenden rheumatischen Beschwerden. Lebensgefahr besteht, wenn Trichinen zum Herz gelangen und z. B. Herzmuskelentzündung verursachen. Kapseln sich Larven im Gehirn ab, treten außerdem neurologische Beschwerden auf.

Rinder- und Schweinebandwurm

Der Mensch infiziert sich vor allem durch rohes oder nicht ausreichend gegartes Fleisch mit den Finnen (Jungform = Larve des Bandwurms) von Rinderbandwurm (Taenia saginata) und Schweinebandwurm (Taenia solium). Die Finnen wachsen im Darm zum reifen Bandwurm heran, der aus einem Kopf, einem Halsteil und den daraus gebildeten Bandwurmgliedern (Proglottiden) besteht. Mit dem Stuhl werden einzelne Bandwurmglieder ausgeschieden. Die meisten Menschen haben nur sehr geringe Beschwerden, wenn sie an einer Bandwurmerkrankung leiden. Auffällig sind vor allem Appetitlosigkeit im Wechsel mit Heißhunger und Gewichtsabnahme trotz regelmäßigen Essens. Selten wandern Bandwurmglieder in den Blinddarm oder den Bauchspeicheldrüsengang; wo sie eine akute Blinddarmentzündung oder eine Bauchspeicheldrüsenentzündung verursachen können.

Nimmt ein Mensch die Bandwurmeier (nicht die Finnen) des Schweinebandwurms auf – was auch durch Selbstinfektion möglich ist – entwickeln sich im menschlichen Körper Larven (Zystizerken). Diese wandern vom Darm über die Blutgefäße in Muskeln und Organe (Zystizerkose). Bei einem Befall der Augen droht Erblinden, beim Eindringen in das zentrale Nervensystem Krampfanfälle. Bleibt der Befall auf die Muskeln beschränkt, klagen die Betroffenen über Muskelschmerzen. Oberflächlich in Haut oder Muskeln liegende Larven lassen sich oft als kleine Knoten ertasten.

Hunde- und Fuchsbandwurm (Echinokokkosen)

Echinokokkosen gehören zu den gefährlichsten Wurmerkrankungen. Die Infektion erfolgt durch Kontakt mit infizierten Füchsen, Hunden oder Katzen. Denkbar ist auch eine Infektion durch den Verzehr ungewaschener Heidel- oder Walderdbeeren, die aufgrund ihres niedrigen Wuchses oft mit Ausscheidungen von Füchsen verunreinigt sind. Aus den aufgenommenen Eiern entwickeln sich im Darm Larven, die über die Blutgefäße vor allem in die Leber und seltener in die Lunge und andere Organe wandern. Die Inkubationszeit kann Wochen bis Jahre dauern.

  • Hundebandwurm (Echinococcus granulosus): Der Hundebandwurm bildet eine große Zyste in der Leber, in der sich zahlreiche neue Larven entwickeln. Beschwerden wie Oberbauchschmerzen treten oft erst auf, wenn die Zyste sehr groß ist und im Bauchraum andere Organe oder Gewebe mechanisch verdrängt. Drückt die Zyste auf die Gallenwege, droht ein Verschlussikterus. Platzt die Zyste, können die ausgeschwemmten Larven zu einem eventuell tödlichen allergischen Schock führen. Auch die Lunge ist oft von Zysten befallen, die Folge sind Atemnot und Reizhusten, manchmal mit blutigem Auswurf. Häufig heilt die Krankheit aber auch von allein wieder aus.
  • Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis): Der Befall mit dem Fuchsbandwurm zählt zu den schwersten Wurmerkrankungen unserer Klimazone und den schwersten Lebererkrankungen überhaupt. Der Fuchsbandwurm bildet in der Leber mehrere kleine Zysten, die tumorartig in umliegende Gewebe und Organe einwachsen und diese zerstören. An erster Stelle ist die Leber betroffen, aber auch Lunge, Herz, Milz und Gehirn werden oft befallen. Schäden an diesen Organen lassen sich meist nicht verhindern, auch wenn rechtzeitig therapiert wird.

Saugwürmer

Schistosomen (Schistosoma haematobium, mansoni oder japonicum): Die zu den Trematoden gehörenden Saugwürmer kommen vor allem in Afrika, Südamerika und Asien vor. Inzwischen bringen auch immer mehr Fernreisende Schistosomen als Reisesouvenir mit nach Hause.

Die Larven der Würmer entwickeln sich in Süßwasserschnecken und dringen über die Haut in den Menschen ein, z. B. beim Baden in Flüssen und Seen oder beim Waten durch Pfützen. Im Menschen gelangen sie in die Leber, reifen dort heran und wandern dann in Darm oder Blase. Dort legen die Würmer ihre Eier, die dann über Stuhl und Urin wieder zurück in die Gewässer gelangen. Eier, die im Körper verbleiben, führen zu Entzündungen, wobei die Symptome vom jeweiligen Organbefall abhängen.

Die eigentlichen Symptome treten erst Wochen bis Monate später auf, z. B. Fieber, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Husten und Bauchschmerzen. Dahinter steckt eine allergische Reaktion auf die Würmer und ihre Eier. Häufig klingt die Erkrankung von selbst wieder ab, schwere Verläufe mit einem Befall von Gehirn und Herz sind jedoch auch möglich.

Diagnosesicherung

Findet der Arzt bei der mikroskopischen Stuhluntersuchung Wurmeier, ist eine Infektion bewiesen. Bandwurmglieder vom Rinder- und Schweinebandwurm sind schon mit bloßem Auge im Stuhl erkennbar. Die Eier von Spulwürmern lassen sich nachweisen, indem man ein Stück Tesafilm auf den Darmausgang klebt. Die am Tesa klebenden Eier lassen sich dann unter dem Mikroskop erkennen.

Hunde- und Fuchsbandwurmbefall werden in ~ 85 % der Fälle über Antikörper im Blut nachgewiesen. Die Zysten in der Leber erkennt der Arzt meist gut in Ultraschall oder CT.

Verdacht auf akute Schistosomiasis bei Reiserückkehrern. Etwa 5–12 Wochen nach der vermutlichen Infektion ist es möglich, die Eier der Saugwürmer im Stuhl nachzuweisen. Eine Alternative ist der Test auf Antikörper im Blut. Differenzialdiagnose. Tumoren, Abszesse und eine Tuberkulose der Leber können vor allem in der bildgebenden Diagnostik ähnlich aussehen wie die Leberzysten von Hunde- oder Fuchsbandwurm.

Behandlung

Wurmmittel (Anthelmintika) reichen fast immer aus, um Erkrankungen durch Rinder- und Schweinebandwürmer sowie durch Fadenwürmer zu bekämpfen. Sie werden bei kurzer Behandlungsdauer meistens gut vertragen. Häufig eingesetzte Wirkstoffe sind

  • Pyrantel (z. B. Helmex®, auch als Saft), das auf Wurmarten lähmend wirkt, wodurch die Würmer lebend mit dem Stuhl ausgeschieden werden
  • Albendazol (z. B. Eskazole® in Tablettenform) bzw. Mebendazol (z. B. Vermox® in Tablettenform), die die Nährstoffaufnahme der Würmer blockieren, sodass diese sterben und dann ebenfalls über den Darm ausgeschieden werden.
  • Je länger die Therapie dauert, umso stärker treten Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Durchfall auf.

Schwierig ist die Therapie bei Hunde- und Fuchsbandwürmern. Beim Hundebandwurm werden die Zysten operativ entfernt oder der Inhalt vorsichtig abgesaugt. Manchmal spritzen die Ärzte auch 95 %igen Alkohol in die Zyste, um sie zu zerstören. Begleitend erfolgt die Einnahme von Wurmmitteln.

Beim Fuchsbandwurm gelingt den Ärzten die vollständige Entfernung der Zysten nur in einem Viertel der Fälle. Auch wenn Zysten operativ entfernt wurden, ist eine Behandlung mit Wurmmitteln noch für weitere zwei Jahre erforderlich. Ist keine Operation möglich, müssen Infizierte häufig lebenslang hochdosierte Wurmmittel einnehmen.

Die akute Schistosomiasis lässt sich gut mit Wurmmittel bekämpfen. Bei der akuten Form warten die Ärzte zunächst ab und behandeln nur symptomatisch. So wird ausgeschlossen, dass zu schnell eine zu große Menge an Würmern abstirbt und es dadurch zu einer allergischen Krise kommt. Nach Abklingen des Fiebers wird dann Praziquantel (z. B. Biltricide®) verabreicht. Organbeteiligungen bei der chronischen Schistosomiasis werden entsprechend der Beschwerden und Befunde behandelt.

Prognose

Fadenwürmer, Rinder- und Schweinebandwürmer lassen sich mit Medikamenten leicht therapieren und die Prognose ist nach der Therapie gut.

Die Infektion mit Schistosomen ist mit Wurmmitteln ebenfalls gut behandelbar. Wie gut sich eventuell betroffene Organe wieder erholen, hängt vom Ausmaß des Befalls ab. War bei der Erkrankung die Blase beteiligt, erhöht sich das spätere Risiko für einen Blasenkrebs.

Hunde- und Fuchsbandwurmzysten dagegen vergleichen manche Ärzte zu Recht mit einem bösartigen Tumor – hier hängt die Prognose ab von der durch die Zysten verursachten Zerstörung von Leber oder Lunge. Der Befall mit dem Fuchsbandwurm ist dabei gefährlicher als mit dem Hundebandwurm: Nur ein Drittel der mit einem Fuchsbandwurm infizierten Patienten lebt 10 Jahre nach der Diagnosestellung noch.

Ihr Apotheker empfiehlt

Prävention

Vor Wurminfektionen können Sie sich schützen, indem Sie sich vor jedem Essen die Hände waschen. Haustiere sollte man regelmäßig beim Tierarzt entwurmen lassen (bei Kleinkindern im Haushalt evtl. sogar monatlich), Hundekot an den Schuhen stets gründlich entfernen und nicht ins Haus tragen. Hindern Sie Ihre Kinder daran, sich am Po zu kratzen. Häufiges Händewaschen und kurz geschnittene Fingernägel unterstützen diese Basismaßnahmen.

Die früher verbreitete Warnung, niedrig wachsende Waldbeeren wie Heidelbeeren oder Walderdbeeren wegen einer möglichen Verseuchung mit Fuchsbandwurmeiern zu meiden, gilt heute als überholt.

Verzehren Sie Fleisch aus Hausschlachtung nur dann, wenn Sie sicher sind, dass die vorgeschriebene Fleischbeschau durchgeführt wurde.

Meiden Sie bei Reisen nach Afrika, Südamerika und Asien Süßwasserkontakt! Baden Sie nicht in Seen oder Flüssen, tragen Sie hohe Gummistiefel, wenn Sie durch Pfützen oder Bäche waten und Schutzkleidung, wenn Sie im Wasser arbeiten müssen.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski